Private Geldgeber sollen bald haften

Banken und Versicherer kommen aber bei Staatspleiten ab 2013 noch immer glimpflich davon.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geht davon aus, dass nach den vereinbarten Nothilfen für Irland von 85 Milliarden Euro die Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder gebannt ist. "Ich hoffe, dass von der Lösung des irischen Problems ein beruhigender Effekt für die Euro-Zone als Ganzes ausgeht", sagte Schäuble am Montag in Berlin. EU-Währungskommissar Olli Rehn zeigte sich in Brüssel überzeugt, dass Irlands Wirtschaft schon 2012 überdurchschnittlich stark wachsen wird. "Die Iren sind kluge und hartnäckige Leute, und sie werden das schaffen", sagte der Kommissar.

Schäuble verteidigte die Beschlüsse für einen dauerhaften Krisenmechanismus in der Euro-Zone ab 2013. Mit der Entscheidung der Finanzminister sei die Sorge, dass die Märkte verunsichert würden, "ohne jede reale Grundlage". Die Grundzüge für einen permanenten Krisenmechanismus sehen bei Staatspleiten erstmals eine Mithaftung privater Geldgeber vor - allerdings nur begrenzt. Künftig tragen auch private Geldgeber ein Risiko und nicht nur die Steuerzahler.

Zu Vorwürfen, wonach sich Deutschland mit seinen ursprünglichen Plänen nicht voll durchgesetzt habe, sagte Schäuble, es sei schneller eine Einigung erzielt worden, als erwartet worden sei. "Auch darin steckt ein stabilisierender Wert ... an sich." Für Deutschland sei wichtig gewesen, dass bei einer Dauerlösung künftig private Geldgeber einbezogen werden. Dies sei mit der gemeinsamen Entscheidung von Brüssel nun erreicht worden.

Kritiker monieren, dass Deutschland den Plan aufgegeben habe, private Geldgeber ab Mitte 2013 generell und automatisch an Rettungsaktionen für ein Euro-Schuldnerland zu beteiligen. Nach dem Beschluss der EU-Finanzminister sollen private Gläubiger wie Banken nun lediglich "von Fall zu Fall" und erst bei einer Zahlungsunfähigkeit zwingend einbezogen werden.

Die am Sonntag beschlossenen Rettungshilfen für Irland von 85 Milliarden Euro sind nach Schäubles Worten wichtig auch für Deutschland. Die Maßnahmen seien nötig, um ein Übergreifen der Turbulenzen auf die Euro-Zone und auch auf die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland zu verhindern.

Ein wenig Spott Richtung "Märkte" verkniff sich Schäuble am Montag nicht: Mit Blick auf die Unruhe der vergangenen Wochen meinte er, die "hoch innovativen Finanzmärkte" schreckten vor jeder Neuerung zurück. Und den Vorwurf, die Berliner Euro-Retter seien eingeknickt, ließ er ebenfalls an sich abprallen: Es sei egal, wer was wo im Januar, März oder April gesagt habe. "Entscheidend ist, dass wir Ende November eine gemeinsame Lösung gefunden haben."

Es gehört zur Aufgabe eines Bundesfinanzministers, gute Miene zumbösen Spiel zu machen. Wenn Wolfgang Schäuble sagt, der Euro steht amAbgrund, dann ist er kein Schreckensvisionär mehr, sondern er beschreibt nüchtern die Realität.

Dennoch konnte der Bundesfinanzminister am Montag unerschütterlich denEindruck vermitteln, dass alles nur halb so schlimm sei. In der Notsteht die Europäische Union zusammen, auch Nicht-Euro-Staaten sind mitim Boot, um den Iren zu helfen. Selbst auf die umstrittene Beteiligungprivater Gläubiger bei der Umschuldung von Staaten, die Pleitekandidaten sind, konnte man sich einigen.

Deutschland hat seit der Euro-Einführung riesige Vorteile aus derGemeinschaftswährung gezogen. Heute weiß man, dass ihre Geburtshelferaber in vielerlei Hinsicht allzu blauäugig waren. Man kann nur hoffen,dass sich die Fehler im Nachhinein noch kitten lassen. Sicher ist dasnicht.

politik@wz-plus.de

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