Prokon-Gründer Rodbertus muss mit hohen Forderungen rechnen
Itzehoe/Hamburg (dpa) - Für Carsten Rodbertus, Gründer und langjähriger Chef des insolventen Windenergie-Unternehmens Prokon, könnte es eng werden.
Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin prüft Schadenersatzansprüche gegen den 53-jährigen. Dessen Geschäftsführung habe bei den Gläubigern bisher Schäden von mehr als einer halben Milliarde Euro verursacht, teilte Penzlin in Hamburg mit. „In diesem Zusammenhang lasse ich Schadenersatzansprüche gegen ihn prüfen, schwerpunktmäßig wegen unzureichend besicherter Darlehensvergaben“, erklärte Penzlin.
Aber auch andere Sachverhalte wie der Kauf einer Cessna auf Firmenkosten für das von Rodbertus privat betriebene Fallschirmspringen könnten Ansprüche auf Schadenersatz begründen. Neben den möglichen zivilrechtlichen Forderungen liegen bei der Staatsanwaltschaft in Lübeck zudem zahlreiche Anzeigen wegen strafrechtlicher Vorwürfe vor.
„Das Vorermittlungsverfahren gegen Prokon läuft noch. Ob ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen oder seinen Geschäftsführer Rodbertus eröffnet wird, ist noch nicht entschieden“, sagte die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Sprecherin der Staatsanwaltschaft Lübeck, Wenke Haker-Alm.
Rodbertus hatte Prokon - der Name steht für Projekte und Konzepte - Mitte der neunziger Jahre gegründet, um die Energieerzeugung aus regenerativen Quellen voranzubringen. Das Unternehmen betreibt heute 54 Windparks mit 314 Anlagen und ist an weiteren Unternehmen beteiligt. Rodbertus ist mittlerweile als Geschäftsführer entlassen und soll im Zuge des Insolvenzverfahrens auch seine Anteile an Prokon verlieren. Sie sollen zu einem erheblichen Teil an die Gläubiger übertragen werden, teilte Penzlin mit. Zudem werde der Einstieg eines strategischen Investors geprüft.
Das Amtsgericht Itzehoe hatte am 1. Mai das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Prokon Regenerative Energien GmbH eröffnet, weil das Unternehmen überschuldet und zahlungsunfähig ist. Für rund 75 000 Anleger, die Prokon mit 1,4 Milliarden Euro über Genussscheine finanziert haben, bedeutet das den Verlust von 30 bis 60 Prozent ihrer Einlagen. „Wir befinden uns mit den wesentlichen Gläubigergruppen in einem regen, teils auch kontroversen, aber insgesamt sehr sanierungsorientierten Austausch über die wesentlichen Eckpunkte des angestrebten Insolvenzplans“, erläuterte Penzlin.
Die Anleger erhalten bis Mitte Juli vom Insolvenzverwalter ein Formular, mit dem sie ihre Ansprüche anmelden können. Am 22. Juli ist eine Gläubigerversammlung in den Hamburger Messehallen einberufen, bei der Penzlin ein Konzept für einen Insolvenzplan vorstellen will. Für die Ausarbeitung des Plans muss die Versammlung dann einen Auftrag erteilen. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ sammelt Rodbertus Stimmen unter den Anlegern, um selbst in der Versammlung über ein größeres Paket zu verfügen. Er wirft Penzlin vor, den Konzern zerschlagen zu wollen und führt andere Sanierungswege ins Feld.
Der Insolvenzverwalter reagiert darauf genervt. „Mit der Konzentration auf das Kerngeschäft stellen wir die Stärken von Prokon wieder in den Mittelpunkt der Unternehmenstätigkeit“, erklärte er. „Davon bringen uns auch die wiederholten Versuche des Herrn Rodbertus nicht ab, der gezielt versucht, Genussrechtsinhaber und Belegschaft durch die Behauptung zu verunsichern, Prokon werde zerschlagen.“ Das Management und die sehr motivierte Belegschaft arbeiteten mit Hochdruck daran, professionelle und der Unternehmensgröße angemessene Strukturen einzuziehen. Das habe Rodbertus zuvor bewusst verhindert.
Penzlin teilte auch mit, dass Prokon in der Insolvenz zwei kleinere Windpark-Projekte in Sachsen-Anhalt und Polen planmäßig errichtet. Der Personalabbau sei abgeschlossen; mittelfristig sollen 300 Arbeitsplätze bei Prokon erhalten bleiben. 100 Mitarbeiter haben gekündigt oder ihre Verträge sind ausgelaufen; weiter 70 wechseln für acht Monate in eine Transfergesellschaft.