Rendite: Spekulanten-Jagd auf Rohstoffe

Weizen, Mais und Kakao werden mehr und mehr zum Spielball von Finanzjongleuren.

München. Die rasant steigenden Preise für Agrar-Rohstoffe wie Weizen, Mais und Kakao locken weltweit Spekulanten aus der Reserve. Je geringer die Ernte in den großen Anbaugebieten ausfällt, desto erfolgreicher schüren sie Sorgen vor einer Verknappung der Lebensmittel und versprechen Anlegern hohe Renditen.

Das jüngst von Russland verhängte Exportverbot für Getreide wird die Lage nach Einschätzung von Experten noch deutlich verschärfen. "Momentan wird der Markt von der Angst bestimmt", sagte der Agrar-Analyst der Commerzbank, Eugen Weinberg.

Im Internet heizen Finanzanlagedienste die Stimmung seit Monaten an. "Weizen macht Sie reich!" wirbt ein Geldanlage-Verlag und verspricht: "Der Rohstoff-Boom geht erst richtig los." Der steigenden Nachfrage stehe eine Verknappung der Rohstoffe gegenüber. "Das sorgt für steigende, ja explodierende Preise."

Spekulanten sind zwar nach Ansicht von Weinberg nicht Auslöser des aktuellen Anstiegs der Rohstoffpreise. "Aber die Spekulanten können die Bewegung beschleunigen." Nach Einschätzung des größten europäischen Agrarhandelskonzerns BayWa tragen sie auf einigen Märkten schon mehr zur Preisentwicklung bei als die Erntemenge oder die Nachfrage. "70 Prozent ist den Spekulanten geschuldet", sagte Vorstandschef Klaus Josef Lutz.

Besonders bei Weizen ist die Lage durch die Jahrhundertdürre in Russland und Überschwemmungen in Kanada, die zu den wichtigsten Erzeugerländern zählen, angespannt. Schon vor dem von Russland verhängten Exportverbot waren die Weizen-Preise um 50 Prozent gestiegen. Auch in Deutschland und Frankreich wird die Ernte geringer ausfallen als erwartet.

Derweil versuchen auch die Bauern vom Preisanstieg zu profitieren. Der Agrarkonzern BayWa registriert vor allem bei den Landwirten im Westen Deutschlands derzeit Zurückhaltung beim Verkauf von Getreide. Lutz appellierte an die Bauern, nicht auf ständig weiter steigende Preise zu spekulieren. "Wir wollen vermeiden, dass es zu einem Katzenjammer kommt."

Neu sind Geldanlagen auf den Agrarmärkten zwar nicht - Klassiker wie den CRB Rohstoffindex, mit dem auch Privatanleger am weltweiten Markt für Rohöl, Erdgas, Sojabohnen oder Baumwolle teilhaben, gibt es bereits seit mehr als 50 Jahren. Neu ist aber das massive Engagement von großen Investoren, die mit Milliardensummen mitmischen und damit die Preise in die Höhe treiben.

Höhepunkt war jüngst ein britischer Hedgefonds, der sieben Prozent der weltweiten Ernte an Kakaobohnen gekauft und eingelagert haben soll, um sie zur weihnachtlichen Hauptsaison mit sattem Gewinn an die Schokoladenhersteller zu verkaufen. Die Branche beklagt seit Monaten, dass der wichtigste Rohstoff der Schokolade zum Spielball der Spekulanten geworden sei.

Die Banken versprechen sich vom Handel mit Rohstoffen künftig noch bessere Geschäfte. Die US-Bank J.P. Morgan kaufte sich für 1,7 Milliarden Dollar Teile des Rohstoffhändlers RBS Sempra und schnappte ihn der Deutschen Bank weg, die ihr Handelsgeschäft mit Rohstoffen auch ausbauen will.

Die Politik will dem zunehmenden Rohstoffhandel aber nicht tatenlos zusehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich bereits für einen internationalen Schulterschluss aus, um den Rohstoffhandel von Banken zu regulieren.