Turbulenzen Ringen um die Zukunft der Stahlsparte bei Thyssenkrupp

Essen (dpa) - Zoff bei Thyssenkrupp: Für Konzernchef Heinrich Hiesinger droht das Ringen um die Zukunft der europäischen Stahlsparte zur Zerreißprobe zu werden.

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Fast sieben Jahre nach seinem Amtsantritt ist der Umbau des Essener Industriekonzerns noch immer nicht am Ziel. Nun steht mit dem Stahlgeschäft die traditionelle Wurzel auf dem Prüfstand. Mit seinen Plänen für einen möglichen Zusammenschluss mit dem indischen Konkurrenten Tata ist der ehemalige Siemens-Manager Hiesinger nun jedoch auf heftigen Widertand gestoßen.

Unmittelbar vor einer am Wochenende geplanten Sitzung des Aufsichtsrats haben Betriebsräte und die IG Metall für Freitag in Bochum zu einer großen Protestveranstaltung aufgerufen. Erwartet werden mindestens 5000 Stahlkocher.

Belegschaftsvertretung und Gewerkschaft befürchten einen massiven Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung ganzer Standorte. Bereits ohne den möglichen Zusammenschluss sieht der Betriebsrat bis zu 4000 Jobs auf der Kippe - was das Unternehmen allerdings zurückweist.

Nach „Spiegel“-Informationen soll den Kontrolleuren bei der Sitzung zunächst jedoch nur eine Grundsatzvereinbarung - ein sogenanntes Memorandum of Understanding - vorgelegt werden. Ob es dabei schon zu einer Abstimmung kommen wird, ist derzeit unklar. Die Details einer möglicherweise dann endgültigen Vereinbarung würden erst bis Anfang des kommenden Jahres ausgehandelt, hieß es.

Doch die Zeit drängt. Nach über einem Jahr Verhandlungen ist der in der tiefsten Krise der Konzerngeschichte Anfang 2011 als Sanierer angetretene Hiesinger dringend auf einen Durchbruch angewiesen. Zwar konnte der Manager bereits mit dem Verkauf von Stahlwerken in Amerika einen Schlussstrich unter die bislang wohl größte Fehlinvestition ziehen. Der „große strategische Wurf“ sei ihm aber noch nicht gelungen, bemängeln Kritiker.

Der Vorstand stehe unter großem Druck von Investoren und Anteilseignern, stellte Thyssenkrupp-Gesamtbetriebsratschef Wilhelm Segerath fest. Der ehemalige Siemens-Manager Hiesinger könnte mit einer Abtrennung der Stahlsparte nicht nur dem angestrebten Wandel von Thyssenkrupp zum Technologiekonzern einen Schritt näher kommen. Der Betriebsrat wirft dem Manager auch vor, außerhalb der Bilanz „Schulden abkippen“ zu wollen. Bereits heute spielt der Stahl in dem Gesamtkonzern mit einem Umsatz von rund 39 Milliarden Euro im zurückliegenden Jahr 2015/16 (30.09.) nur noch eine Nebenrolle.

Entstehen würde durch eine solche Fusion das hinter dem Branchenprimus ArcelorMittal zweitgrößte Stahlunternehmen in Europa, gemessen an der Produktion. Doch die ebenso zyklische wie krisenanfällige Branche leidet weltweit unter erheblichen Überkapazitäten. Hiesinger hatte in der Vergangenheit deshalb immer wieder die Notwendigkeit eine Konsolidierung betont.

Doch ob angesichts enormer Überkapazitäten in China ausgerechnet ein Konsolidierungsbeitrag von Thyssenkrupp und Tata für Abhilfe sorgen könnte, erscheint fraglich. „Für eine weltweite Lösung sind die beiden zu klein“, meint etwa Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW).

Sollte es doch schon am Wochenende zu einer Abstimmung in dem Thyssenkrupp-Kontrollgremium kommen, hat der Betriebsrat eine geschlossene Ablehnung durch die Arbeitnehmervertreter angekündigt. Das wäre ein Novum in der Konzerngeschichte. Nur mit Zugeständnissen könnte Hiesinger dann versuchen, die Arbeitnehmervertreter schließlich doch noch auf seine Seite zu ziehen.

Das könnte auch dringend notwendig werden - denn die Stimmen aller Vertreter der Kapitalseite sind ihm keinesfalls sicher. Als Wackelkandidat gilt etwa der schwedische Großaktionär Cevian, der Gerüchten zufolge bereits mit einer Zerschlagung des Gesamtkonzerns liebäugeln könnte.