Rossmann winkt ab: Schlecker-Zukunft ungewiss
Ehingen (dpa) - Nach der angekündigten Insolvenz von Deutschlands größter Drogeriekette Schlecker gehen die Spekulationen über die Zukunft des Familienunternehmens weiter. Konkurrent Rossmann hat nur an 50 bis 80 Schlecker-Märkten Interesse.
Das sagte Unternehmenschef Dirk Roßmann dem „Focus“.
„Ich wage die Prophezeiung, dass der Insolvenzverwalter nicht viele Läden weiter betreiben wird können“, sagte Roßmann weiter. Die allermeisten der noch rund 7000 Märkte in Deutschland müssten schließen, weil sie nicht mehr zeitgemäß seien. „Die Wettbewerber Rossmann, dm und Müller sind dieser Kette schon vor Jahren meilenweit enteilt“, so Roßmann.
Das bestätigen auch Umfragen bei Verbrauchern: Demnach ist Schlecker seit Jahren auf dem absteigenden Ast. Aktuell lägen die Imagewerte von Schlecker mit minus 37,8 Punkten „dramatisch unter“ den äußerst beliebten Marken Rossmann (plus 79,4) und dm (88,3), heißt es in einer Markenstudie des Meinungsforschungsinstituts YouGov. „Auch die neue Strategie des Unternehmens hat nicht zu einer Trendwende geführt - die Lage ist aus Markensicht seit längerer Zeit ernst“, bilanziert YouGov.
Das Institut befragt für aktuelle Markenstudien in Deutschland nach eigenen Angaben täglich mehr als 2000 Personen. Demnach befand sich der Image-Wert von Schlecker Anfang 2008 noch im positiven Bereich. „Seitdem zeigt sich ein schleichender aber weitgehend kontinuierlich Abstieg.“
Das gleiche Bild zeichnet eine Marktuntersuchung des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI, derzufolge Schlecker noch 2006 den Drogeriemarkt mit weitem Abstand dominiert hat, binnen weniger Jahre aber die Konkurrenten dm und Rossmann mit Riesenschritten aufgeholt haben. Am deutlichsten zeigen sich die Verhältnisse beim Umsatz pro Quadratmeter Verkaufsfläche, der so genannten Flächenproduktivität. Diese betrug EHI zufolge 2010 bei dm 6500 Euro, bei Rossmann 5000 Euro, bei Schlecker dagegen nur 2200 Euro.
Das Familienunternehmen aus Ehingen hatte am Freitag mitgeteilt, dass Deutschlands größte Drogeriekette zahlungsunfähig ist und eine so genannte Planinsolvenz angekündigt. Ein solches Verfahren ist in der Insolvenzordnung ausdrücklich vorgesehen, wenn es darum gehen soll, ein Unternehmen möglichst zu erhalten. Der Insolvenzantrag werde „kurzfristig“ eingereicht. Das könne Montag oder Dienstag sein, sagte ein Unternehmenssprecher am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Schlecker will große Teile des schrumpfenden Filialnetzes erhalten - und damit auch viele der etwa 30 000 Jobs in Deutschland.
Als Grund für die Schieflage gab das Unternehmen eine geplatzte Zwischenfinanzierung an, ohne ins Detail zu gehen. Ausschlaggebend war nach Informationen der „Südwest Presse“ eine Rückstufung Schleckers: Ein großer deutscher Rückversicherer, über den der Einkaufsverband Markant seine Bestellungen absichert, habe wohl das Schlecker zugestandene Volumen drastisch reduziert. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete, Schlecker habe am Freitag einen fälligen Betrag zwischen 20 und 30 Millionen Euro nicht mehr bezahlen können. „Weil die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Branchenkreisen bekannt waren, war die Zahlung in bar oder als Bundesbankscheck eingefordert worden.“ Ähnliche Informationen hat auch die dpa.
Laut „FAZ“ soll der nächste Termin für eine ähnliche Zahlung an die Einkaufsgemeinschaft Markant, der auch andere Firmen wie Edeka angehören, dem Vernehmen nach schon in der nächsten Woche anstehen. Der Schlecker-Sprecher wollte die Berichte am Samstag nicht kommentieren. „Wir werden keine Aussagen zu unseren Gläubigern machen.“ Wie viele das sind, ließ er offen.
Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen Euro auf 6,55 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen.