Rubel-Milliardäre haben Deutschland im Visier
Russische Anleger gewinnen an Einfluss. Impulse soll die Hannover Messe ab 8. April bringen.
Hannover. Das jüngste Ziel russischer Geschäftsinteressen in Deutschland heißt PSV. Das Kürzel steht für die insolvente Firma Project Support Vehicles, einer der größten Hersteller von gepanzerten Personenwagen in Deutschland. 2012 fertigte er 100 Spezialfahrzeuge für Polizei, Regierung oder Banken. Nun klopfte ein russischer Investor an, bestätigte der Insolvenzverwalter.
Der Interessent liegt im Trend. Denn während in Moskau Aktionen gegen Nichtregierungsorganisationen den Auftakt der am 8. April beginnenden Hannover Messe überschatten, gedeihen die deutschen Wirtschaftsbeziehungen mit dem diesjährigen Partnerland.
Die von Öl- und Gasexporten abhängige Rohstoffmacht Russland sieht Deutschland bei der Modernisierung ihrer Industrie als „Schlüsselpartner“. Nicht umsonst wird der russische Präsident Wladimir Putin eigens zur Eröffnung der Messe nach Hannover reisen.
Konsequenz: Obwohl die eingeschränkten Grundrechte in Russland für unterkühlte politische Bande zwischen Moskau und Berlin sorgen, werden die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen inniger. Bei Russlands boomendem Automarkt etwa gehören deutsche Firmen wie BMW oder Volkswagen zu den Gewinnern.
Umgekehrt wird in Deutschland die industrielle Partnerschaft vor allem von russischen Investoren vorangebracht: Rubel-Milliardäre setzen auf Firmenanteile. Ein Beispiel ist der Salz- und Düngerkonzern K+S in Kassel. Der russische Investor Andrej Melnitschenko ist mit zehn Prozent größter Einzelaktionär des Dax-Konzerns.
Auch bei Europas größtem Reisekonzern Tui gibt ein russischer Anleger den Ton an. Alexej Mordaschow war 2007 bei der Tui eingestiegen; mit einem Anteil von mehr als 25 Prozent ist er heute größter Einzelaktionär. Der Milliardär schielt auf die steigende Reiselust seiner Landsleute. Andere russische Investoren wie Arngolt Bekker investierten Millionen in den Ausbau der alternativen Energien in Deutschland.
Ein Ausbau der gegenseitigen Kontakte fördere nicht nur das Vertrauen, sondern auch den Abbau nach wie vor bestehender Trennlinien, meint der russische Botschafter Wladimir Grinin auch mit Blick auf bürokratische Hürden, etwa im Visa-Bereich. Bei der Modernisierung der oft noch sowjetisch geprägten Industrie setzt das Riesenreich auf ausländische und vor allem deutsche Unternehmen.