Schlecker-Insolvenzverwalter sieht „guten Kern“
Ehingen (dpa) - Die insolvente Drogeriekette Schlecker soll noch eine Chance bekommen - die einstige Milliardärsfamilie steht allerdings mit leeren Händen da. „Aus meiner Sicht gibt es einen guten Kern“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Stammsitz in Ehingen bei Ulm.
Das Gros der unrentablen Filialen sei nun geschlossen. Anton Schlecker, der in der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders mit dem Aufbau seines Drogerie-Imperiums startete, steht nach Aussagen des Insolvenzverwalters jetzt vor dem persönlichen Ruin. „Es ist nichts mehr da“, stellte Meike Schlecker, die Tochter des Firmengründers, fest.
Dass Anton Schlecker für die Insolvenz gerade stehen muss, hängt Gleiwitz zufolge mit der Unternehmensform „eingetragener Kaufmann“ (e.K.) und der direkten Haftung zusammen. Deshalb müsse er praktisch auch eine Privatinsolvenz abwickeln, wie der vorläufige Insolvenzverwalter erklärte. Es gibt nach Angaben eines Sprechers keinen eigenen Antrag auf Privatinsolvenz.
Meike Schlecker versicherte, die Familie habe große Teile ihres Privatvermögens bereits in die Restrukturierung der Kette gesteckt. Sie wolle mit Gerüchten aufräumen, ihre Familie habe Geld zur Seite geschafft. „Das Vermögen meines Vaters war immer das Unternehmen“, sagte sie.
Die Drogeriekette hatte vor einer Woche Insolvenzantrag gestellt, nachdem ein kurzfristiger Zahlungsausfall in zweistelliger Millionenhöhe nicht aufgefangen werden konnte. Das Unternehmen und die Familie habe kein Geld mehr bereitstellen können, um den weiteren Betrieb zu gewährleisten. „Wenn noch 100 Millionen im Schrank liegen würden, wäre es zu diesem Verfahren nicht gekommen“, erklärte Geiwitz.
Er verfüge nun über weitreichendere Befugnisse, um den Fortbestand der Drogeriekette zu sichern, sagte Geiwitz. Zunächst könnten die Mieten der Läden bezahlt werden, da das Amtsgericht Ulm ihn zum sogenannten „starken vorläufigen Verwalter“ gemacht habe. Auch die verminderte Zahl der Filialen stimme ihn optimistisch. „Ich habe die Hoffnung, dass wir nun mit einer Sockelzahl neu durchstarten können.“
Hoffnungen gibt es auch, dass die Lieferanten mitziehen. „Alle Lieferanten haben sehr schnell zu verstehen gegeben, dass sie ein großes Interesse am Weiterbestehen der Drogeriekette Schlecker haben“, erklärte Geiwitz.
Nicht nur mit Markant, sondern mit einer insgesamt dreistelligen Zahl von ihnen habe er mittlerweile eine Einigung erreicht. Dazu gehörten auch Procter & Gamble, Beiersdorf, Unilever sowie die komplette Henkel Gruppe. Die Einigung sei nicht zeitlich befristet. Zudem gehe es darum, dass die rund 32 000 Mitarbeiter mitzögen. Am Montagnachmittag informierte Lars Schlecker (40), der Sohn des Firmengründers, in einer Betriebsversammlung in Ehingen Beschäftigte über die Lage.
Diese seien schließlich auch Gläubiger, erklärte eine Sprecherin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin. Sie begrüßte das Signal, dass die Familie am Montag gegeben habe, schränkte aber zugleich ein: „Glauben ist aber nicht Wissen. Das enthebt den Insolvenzverwalter nicht der Pflicht, was den Gesamtkonzern angeht“, sagte sie. Es müssten auch die Auslandstöchter in die Betrachtung mit einbezogen werden, die bislang nicht Insolvenz angemeldet haben. Es seien allerdings für Dienstag und Mittwoch Gespräche der Betriebsräte und von Verdi mit Geiwitz und der Schlecker-Spitze angesetzt.
Nach Geiwitz' Worten ist noch offen, ob es einen Insolvenzplan geben wird - mit den Gläubigern liefen entsprechende Gespräche. „Ein Insolvenzplan ist nur so gut, wie die Zahlen darin sind“. Sieben Tage nach dem Antrag sammle er aber noch Informationen. Eine Rettung könne nicht funktionieren, wenn möglichst viele Geschäfte geschlossen würden. Die Nähe zu den Kunden sei nun einmal das Geschäftsmodell. Zum anderen sei auch ein Einstieg von Investoren denkbar - auch Finanzinvestoren wolle er nicht ausschließen.
Geiwitz revidierte bisherige Zahlen der Drogeriekette - es seien mehr als 6000 Filialen in Deutschland mit rund 32 000 Mitarbeitern. Zuvor war noch von knapp unter 7000 Filialen die Rede. Der Großteil davon schreibe schwarze Zahlen, sagte Schlecker-Finanzchef Sami Sagur. Zum Umsatz und Ausmaß der Verluste schwieg sich die Unternehmensspitze erneut aus.
Eine finanzielle Erleichterung sei unter anderem das Insolvenzgeld, das durch die Sparkasse Ulm vorfinanziert worden sei: „Wir müssen allein in den nächsten zwei Monaten 100 bis 150 Millionen Euro an Löhnen und Gehältern nicht bezahlen“, sagte Geiwitz. Die Zahlungen entsprechen dem Nettoentgelt der Beschäftigten. Betroffene müssen nach Angaben der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit keine Einzelanträge stellen, um ihr Geld zu bekommen. Geiwitz sagte, er gehe davon aus, dass das Insolvenzverfahren Ende März oder Anfang April eröffnet werde. Doch das liege in den Händen des Amtsgerichts Ulm.