Schulterschluss bei Siemens
Vorstand und Aufsichtsrat zeigen trotz erneut geringerem Quartalsgewinn Einigkeit.
München. Mindestens einen Menschen hat Peter Löscher mit seinem Auftritt vor der Hauptversammlung sehr glücklich gemacht. Lachend zeigte der Konzernchef auf seine grüne Krawatte und sagte: „Ein Geschenk meiner Tochter.“ Die Aktionäre hat Löscher weniger begeistert — der Gewinn ging im ersten Quartal weiter zurück, der angekündigte Weg in die Weltspitze führt erst einmal tiefer durchs Tal.
Aber die Abrechnung mit Löscher fiel aus — es blieb bei einem Sturm im Wasserglas. Souverän und freundlich parierte der Vorstandschef die Kritik, räumte Fehler ein und betonte die langfristigen Fortschritte.
„Siemens ist erfolgreich unterwegs, und ich bin ruhig und gelassen, und das Führungsteam ist geschlossen“, sagte Löscher. Und der schon als Palastrevoluzzer verdächtigte Finanzchef Joe Kaeser demonstrierte den Schulterschluss: „Wenn es um Siemens geht, halten wir zusammen, da werden wir auch keinen dazwischenlassen.“
Zum Auftakt der Hauptversammlung hatte schon Aufsichtsratschef Gerhard Cromme Löscher die volle Unterstützung des Kontrollgremiums zugesagt. „Wir lassen uns aber nicht vom Kurs abbringen, auch wenn manche Medien diesen hinterfragen und teilweise versuchen, Uneinigkeiten in Vorstand und Aufsichtsrat zu konstruieren, wo keine sind“, so Cromme. Der Aufsichtsrat sei sehr zuversichtlich, dass Löscher die Rendite wieder auf Spitzenniveau bringe.
Aktionärsschützer und die Fondsmanager von Deutscher Bank, Sparkassen und Volksbanken stellten Löscher ein schwaches Zwischenzeugnis aus — aber keiner sah die Versetzung gefährdet, ganz zu schweigen vom Ruf nach einer Ablösung. In der Champions League hätte Siemens „mit den zuletzt gezeigten Leistungen nicht einmal die Gruppenphase überstanden“ sagte DWS-Fondsmanager Henning Gebhardt.
Pannen bei Großprojekten wie den Nordsee-Windparks oder bei ICE-Zügen, überteuerte Zu- und Fehlkäufe wie die Solar-sparte — kaum ein anderes Unternehmen habe mit so großen Sonderbelastungen zu kämpfen. Aber Löscher sei nach dem Korruptionsskandal gut gestartet und habe Siemens bis 2011 auf neue Ergebnishöhen geführt.
Löschers Umsatzziel von 100 Milliarden Euro habe Wachstum auf Teufel komm raus erzwungen und die Kosten explodieren lassen, kritisierte Union-Investment-Fondsmanager Ingo Speich. Mit dem Sparprogramm habe Löscher immerhin die notwendige Wende eingeleitet.