Solarworld verlangt Opfer von Eigentümern und Gläubigern
Bonn (dpa) - Das einstige Bonner Vorzeigeunternehmen Solarworld kämpft um seine Zukunft. Der Rettungsplan sieht Opfer von Eigentümern und Gläubigern vor. Firmengründer Asbeck verliert seine Stellung als Großaktionär.
Die Eigentümer und Gläubiger der Solarworld AG müssen für die Rettung des finanziell angeschlagenen Unternehmens tief in die Tasche greifen. Mit wichtigen Gläubigern sei eine Einigung erzielt worden, die einen Schuldenschnitt vorsieht, teilte das Unternehmen am Dienstag in Bonn mit. Dadurch sollen die langfristigen Verbindlichkeiten um etwa 60 Prozent verringert werden. Im Gegenzug werden die Gläubiger im Rahmen eines drastischen Kapitalschnitts Haupteigentümer des Unternehmens und bestimmen damit künftig den Kurs mit. Die derzeitigen Aktionäre werden entmachtet. Die zuständigen Gremien müssen der Einigung noch zustimmen.
„Für uns ist das so eine Art Insolvenz light“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Thomas Hechtfischer, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Sowohl die Gläubiger als auch die Aktionäre sollen demnach große Opfer bringen. Beim geplanten Schuldenschnitt spreche das Unternehmen von einer vorläufigen Einigung, die noch unter Gremienvorbehalt stehe. „Solarworld geht von einer finanziellen Erleichterung aus. Ich sehe nach wie vor aber kein tragfähiges Zukunftskonzept“, kritisierte er. Der Konzern müsse seine Strukturen auf den Prüfstand stellen und anpassen. Nach wie vor sei Solarworld von der hohen Einspeisevergütung für Solarstrom in Deutschland abhängig und fordere wiederholt von der Politik einen Schutzwall gegen chinesische Billigangebote.
Nach Darstellung von Solarworld-Firmengründer und -Vorstandschef Frank Asbeck dreht er gleichzeitig an mehreren Stellschrauben: „Gerade durch die Einigung mit den Banken über ein Konzept bestätigt sich unsere positive Fortführungsprognose. Wir werden nach diesem ersten sehr wichtigen Schritt die weiteren Verfahrenschritte durchführen. Parallel dazu läuft die operative Restrukturierung verbunden mit weiteren Kostensenkungen“, sagte Asbeck der dpa am Dienstag.
Asbeck machte deutlich, dass Solarworld weiterhin Interesse an Teilen der Bosch-Solarsparte habe. „Nach diesem ersten positiven Restrukturierungsschritt ist unser Interesse nach wie vor hoch, unter Berücksichtigung der Finanzmittel unserer Gesellschaft, diese Technologie, die synergetisch zu unserer Solarworld-Technologie ist und zum Teil mit deutschen Forschungsfördermitteln erarbeitet wurde, auch für Europa zu erhalten“, erläuterte Asbeck. „Wir dürfen uns nicht noch einmal erlauben, wie es bei Halbleitern und beim MP3-Player passiert ist, Hightech zu verlieren. Speziell im Bereich der Solarindustrie würde Deutschland und Europa den Zugang zu der wichtigsten Energiequelle, der Sonne, verspielen.“
DSW-Aktionärsschützer Roland Klose, der die Hauptversammlungen von Solarworld besucht, bewertet die vorläufige Einigung mit den Gläubigern als einen Silberstreifen am Horizont. „Es wird versucht, die angetürmten Schuldenberge durch eine Einigung mit den Anleihegläubigern auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren“, sagte Klose. Bei anderen Unternehmen der Branche seien ähnliche Versuche gescheitert. „Bei Solarworld scheint insofern eine Lösung greifbar.“
In einer solchen Situation wäre eine Kapitalerhöhung eine durchaus wünschenswerte und übliche Maßnahme, um dem Unternehmen frisches Geld zuzuführen. „An der Stelle könnte Firmengründer Asbeck ein Signal des Vertrauens in sein Unternehmen setzen und seine abgeschmolzene Anteile wieder auf ein bedeutenderes Niveau aufstocken“, sagte Klose.
Asbeck ist größter Einzelaktionär von Solarworld mit bisher knapp 28 Prozent. Er wird durch die geplante Kapitalherabsetzung um etwa 95 Prozent künftig nur noch einen sehr kleinen Anteil am Unternehmen in der Größenordnung von etwa einem Prozent besitzen. „Ich nehme genauso wie jeder andere Aktionär an der Kapitalherabsetzung teil“, sagte Asbeck. Laut Unternehmensmitteilung sind Gläubigerversammlungen und auch eine außerordentliche Hauptversammlung der Aktionäre geplant.
Solarworld war auch durch Billig-Konkurrenz aus China in den Strudel der Branchenkrise geraten. Der Aktienkurs schlug am Dienstagvormittag nach dem Bekanntwerden des Plans kurzzeitig stark sowohl nach oben als auch und unten aus. Am Nachmittag und am frühen Abend stand die Aktie im Minus, das in der Spitze fast 13,6 Prozent ausmachte. Das Papier schloss mit einem Minus von rund 2,5 Prozent.
Solarworld hatte das vergangenen Jahr mit schlechten Zahlen abgeschlossen: 2012 schrumpfte der Umsatz nach Angaben vom Montagabend von 1,045 Milliarden Euro auf 606 Millionen Euro. Der operative Verlust weitete sich um mehr als das Doppelte auf 492,4 Millionen Euro aus. Zuvor hatte Solarworld schon mitgeteilt, dass das Eigenkapital des Unternehmens komplett aufgezehrt ist. Dass es nicht gut steht um den ehemaligen Star der Solarbranche, ist spätestens seit Ende Januar bekannt. Damals ließ Asbeck in einer Pflichtmitteilung die Börse wissen, dass das Bonner Unternehmen mit den Gläubigern über eine Verringerung der Schulden rede.