Sorgen um Athen und Weltkonjunktur - Ifo-Index fällt

München (dpa) - Die Sorgen um die Griechenland-Krise und eine Konjunkturabkühlung in wichtigen Schwellenländern machen den deutschen Unternehmen zu schaffen.

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Zwar sehen führende Wirtschaftsforscher die Wachstumsaussichten dank der guten Binnenkonjunktur weiterhin zuversichtlich, doch die Unsicherheit drückt zunehmend auf die Stimmung: Im Juni gab der Ifo-Geschäftsklimaindex überraschend deutlich nach - von 108,5 Punkten im Vormonat auf 107,4 Punkte.

Damit fiel der zweite Rückgang des Konjunkturbarometers in Folge stärker aus, als von vielen Experten erwartet. „Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind gedämpft“, erklärte der scheidende Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Mittwoch in München. Auch die Anleger reagierten besorgt: Am Nachmittag notierte der Börsen-Leitindex Dax zeitweise um 0,4 Prozent im Minus.

Optimistisch bleibt das Berliner DIW, das die Wirtschaftsaussichten für Deutschland weiter günstig einschätzt. Bis Ende kommenden Jahres geht das DIW von einem robusten Wachstum, Beschäftigungsrekord und stark steigenden Löhnen in Deutschland aus.

Zu dem günstigen Ausblick werde neben der Binnenkonjunktur auch eine Erholung der Weltwirtschaft beitragen, erklärte der Leiter der DIW-Abteilung Konjunkturpolitik, Ferdinand Fichtner, in Berlin. Für dieses Jahr korrigierte das DIW seine Wachstumsprognose dennoch von zuvor 2,2 Prozent auf nur noch 1,8 Prozent. Grund dafür sei das unerwartet schwache erste Quartal. Für 2016 rechnet das Institut unverändert mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,9 Prozent.

Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Er wird monatlich aus der Befragung von rund 7000 Unternehmen aus Industrie, Einzel- und Großhandel sowie aus der Bauwirtschaft ermittelt und bildet die aktuelle Lage der Firmen und ihre Erwartungen für die kommenden sechs Monate ab.

Im Juni zeigten sich die Firmen mit ihrer derzeitigen Situation etwas weniger zufrieden und waren auch skeptischer für die kommenden Monate. Der Lage-Index fiel entsprechend von 114,3 auf 113,1 Punkte, und der Index für die Geschäftserwartungen gab von 103,0 auf 102,0 Punkte nach.

Vor allem in der Industrie trübte sich die Stimmung im Juni deutlich ein. Die Unternehmen schätzten sowohl ihre derzeitige Lage als auch ihre Zukunftsaussichten schlechter ein. Auch der Einzelhandel zeigte sich weniger zufrieden mit der momentanen Lage und für die kommenden Monate skeptischer. Dagegen verbesserte sich das Geschäftsklima im Baugewerbe zum dritten Mal in Folge.

Das Ifo-Institut hatte erst in der vergangenen Woche seine Wachstumsprognose für dieses Jahr spürbar angehoben von zuvor 1,5 Prozent auf 1,9 Prozent. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser hatte dabei auf den lebhaften Konsum, die gute Lage am Arbeitsmarkt und das günstige Finanzierungsumfeld für Investitionen verwiesen. Allerdings stimmte er auch auf eine Abkühlung der Weltkonjunktur im kommenden Jahr ein, die sich auf die Exportaussichten der Firmen niederschlagen dürfte.

Nach Einschätzung der Commerzbank könnte sich mit dem zweiten Rückgang des Ifo-Index in Folge eine Wende nach unten abzeichnen. Das dürfte auch am nachlassenden Wachstum in wichtigen Ländern wie China liegen, das unter fallenden Häuserpreisen und einer hohen Verschuldung seiner Unternehmen leide, wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vermutet.

KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner verwies auf die Verunsicherung durch die Griechenland-Krise. „Der Stimmungsrückgang ist derzeit kein Wunder“, schrieb Zeuner in seiner Analyse. Dennoch wachse die Eurozone. Für deutlich mehr Arbeitsplätze reiche es aber noch lange nicht, so Zeuner.

BayernLB-Analyst Stefan Kipar verwies auf das weiterhin hohe Niveau des Geschäftsklimas in Deutschland , daher sollte der neuerliche Rückgang aus seiner Sicht nicht überinterpretiert werden. „Der Quartalsvergleich fällt, sowohl für Lage als auch für Erwartungen, noch positiv aus, womit die Konjunktur im zweiten Quartal wieder etwas an Fahrt gewonnen haben dürfte“, erklärte Kipar.