Strauss-Kahn kritisiert europäisches Krisenmanagement
Paris (dpa) - Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wirft den europäischen Regierungen im Umgang mit der Schuldenkrise Ignoranz und zögerliches Handeln vor. „Sie wollen das Ausmaß des Problems nicht erkennen“.
Das sagte der 62-Jährige am Sonntagabend in einem TV-Interview. Griechenland könne nicht für sich selbst zahlen. Jeder in Europa müsse akzeptieren, dass er einen Teil der Verluste zu tragen habe, sowohl die Staaten als auch die Banken.
„Die Schuldenlast ist enorm und sie muss um jeden Preis reduziert werden, aber nicht um den Preis von Stagnation oder Rezession“, erklärte der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das Problem werde nur aufgeschoben, indem man die Gewährung neuer Kredite an starke Sparanforderungen knüpfe.
Der Franzose warf den Staats- und Regierungschefs vor allem zu zaghaftes und zögerliches Handeln vor. „Die Europäer haben das Problem, dass sie entweder zu wenig oder es zu langsam machen, oder oft zu wenig zu langsam machen“, sagte Strauss-Kahn.
Er glaube nicht, dass der Euro wirklich in Gefahr sei, „aber die Situation ist sehr ernst“. „Wenn wir nicht schnell handeln, wird Europa in 25 Jahren ein trostloses Land mit hohen Arbeitslosenquoten und zerfallenden sozialen Schutzsystemen sein.“
Strauss-Kahn äußerte sich zum ersten Mal seit seinem Rücktritt beim IWF in einem Interview. Eine Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung hatte ihn im Mai zu diesem Schritt gezwungen. Der 62-Jährige hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Das Strafverfahren gegen ihn in New York ist mittlerweile wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin eingestellt.