Streit über Spritpreise: ADAC vermutet Abzocke
München (dpa) - Die Rekordstände an deutschen Tankstellen heizen den Streit über die hohen Spritpreise weiter an. Der ADAC wirft den Mineralölkonzernen vor, die Autofahrer mit häufigen Preiswechseln zu verwirren und auf diese Weise abzuzocken.
Die Firmen weisen das empört zurück. Aus der Politik werden wieder Forderungen nach neuen Regeln für den Benzin- und Dieselmarkt laut. Hinter den Rekordpreisen an den deutschen Zapfsäulen stecke System. Die häufigen Preissprünge sollten die Vergleichbarkeit erschweren, teilte der ADAC am Montag mit.
An der Seite des Autoclubs werfen auch die Grünen Aral, Shell oder Esso Abzocke vor. Einst war die Partei noch mit der Forderung nach einem Literpreis von 5 DM in den Wahlkampf gezogen. „Wenn das Tanken nicht länger einem Lottospiel gleichen soll, muss das Bundeskartellamt endlich mehr Möglichkeiten bekommen, in die Preisbildung einzugreifen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag und Ex-Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen, Bärbel Höhn, einer Mitteilung zufolge.
Der Autoclub hat bei einer Stichprobe an 33 Tankstellen in 11 Städten kräftige Preisschwankungen gemessen. Demnach kostet etwa ein Liter Super E10 im Schnitt abends 2,6 Cent weniger als am Morgen. „Hinter den vermeintlich hektischen Preissprüngen steht ein durchaus klar erkennbares Muster“, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer der „Bild“-Zeitung (Montag). Es sei kaum möglich, bei diesem Preiswirrwarr den Überblick zu behalten. Mit dieser Jo-Jo-Preispolitik kassierten „Ölmultis die Autofahrer systematisch ab“.
Die deutsche Mineralölwirtschaft weist das zurück. „Das ist so ein bisschen Verschwörungstheorie“, sagte die Sprecherin des Branchenverbands MWV, Karin Retzlaff. Es sei seit Jahren bekannt, dass Spritpreise an der Tankstelle immer häufiger und stärker schwankten. „Das ist ein Beleg für den funktionierenden Wettbewerb“, argumentierte Retzlaff.
Die derzeitigen Rekordpreise an der Zapfsäule seien auf hohe Einkaufspreise zurückzuführen. „In den vergangenen Wochen kannten sowohl die Rohölpreise als auch die Beschaffungskosten für Benzin und Diesel nur eine Richtung: nach oben“, sagte Retzlaff. Eine Shell-Sprecherin sagte, eine die Tonne Super habe am 1. Januar im Einkauf noch 921 US-Dollar gekostet, am 13. März seien es bereits 1137 Dollar gewesen.
Das verteuere den Sprit für die Kunden. Sie räumte ein, dass es in den vergangenen Wochen teils deutliche Schwankungen der Preise an den Zapfsäulen gegeben haben. Dabei gehe es aber nicht um Verwirrung - im Gegenteil. „Hier handelt es sich nicht um Verwirrungstaktik, sondern um die Folgen des harten Preiskampfes auf dem deutschen Markt“, sagte die Sprecherin.
Grund: Pro Liter Sprit blieben den Konzernen nur Gewinne im niedrigen Cent-Bereich. Da Autofahrer aber schon wegen weniger Cent Preisunterschieds woanders tankten, reagierten die Preise schnell auf Schwankungen. „Wenn es sehr teuer ist, guckt der Kunde noch genauer hin und steuert die günstigste Tankstelle an“, sagte Retzlaff.
Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) fordert nun ein Meldesystem nach dem Vorbild Australiens. „Was sich dahinter verbirgt, ist ein Modell, dass die Benzinhersteller 24 Stunden vorher ihre Benzinpreise melden müssen“, sagte Voigtsberger im Westdeutschen Rundfunk.
Auch sein Amtskollege aus Sachsen-Anhalt, Thomas Webel (CDU), will gegen schwankende Spritpreise vorgehen. „Das wird ein langwieriger Prozess sein, aber irgendwann müssen wir diesen Prozess doch mal anstoßen.“ Seit vielen Jahren hat sich die Politik aber auf kein Modell einigen können, denn über die Mineralölsteuer verdient der Staat kräftig mit. Laut Aral sind bei einem Preis von 1,69 Euro je Liter 93 Cent für Steuern und Abgaben fällig.