Strom auf der Überholspur

Die deutschen Autobauer setzen nun auf Elektro- und Hybridautos. Fahren mit Strom wäre deutlich günstiger als mit Benzin, aber die Technik ist noch sehr teuer.

Gelsenkirchen. Verbrauch: 35 Kilowattstunden auf 100 Kilometern, Batterietausch: alle 150 Kilometer, Höchstgeschwindigkeit: 120km/h, Energiekosten auf 100 Kilometern: rund 5 Euro.

So oder ähnlich könnte eine Neuwagen-Anzeige im Jahr 2025 aussehen. Wenn sich die Studie des CAR-Instituts bewahrheitet, setzen dann praktisch alle Neufahrzeuge auf die Batterie, also den reinen Elektroantrieb, oder - in noch größerem Maße - auf die Seriell-Hybride, deren Akku während der Fahrt vom Verbrennungsmotor aufgeladen wird.

VW, Mercedes und Opel sowie einige ausländische Autoriesen kündigen für 2010 Hybrid-Modelle und sogar reine Elektroautos für den deutschen Markt an. Befeuert von den explodierenden Spritpreisen und der Klimadebatte glaubt der Gelsenkirchener Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer an reißenden Absatz: "Wir gehen schon 2015 von 3,3 Millionen Elektro- und Hybridautos unter 16 Millionen Neuzulassungen in Europa aus."

Nach Angaben des Energiekonzerns Eon wäre Autofahren mit Strom zurzeit ungefähr halb so teuer wie mit Benzin. Allerdings müssen die Autokonzerne noch an der Kostenschraube drehen: Allein eine Lithium-Ionen-Batterie schlägt derzeit mit 10 000 Euro zu Buche. Die Autobauer denken daher für die Startphase auch über ein Leasing-System für die Batterien nach.

Die Revolution auf dem Automarkt hat auch Auswirkungen auf die Zulieferer. Bosch hat vor einigen Wochen mit dem koreanischen Elektronikriesen Samsung die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in Südkorea vereinbart. Dort sollen ab September hocheffiziente Lithium-Ionen-Batterien für den Autobereich entwickelt werden. Bisher werden diese neuen Batterien nur in Laptops und Handys eingebaut. "Ab 2011 wollen wir liefern", sagt Pressesprecher Thomas Knoll.

Fernziel ist eine Batterie, die für mindestens 150 Kilometer reicht und leicht zu entnehmen ist. An der Tankstelle würde die leere einfach gegen eine volle Batterie getauscht und wieder eingeschoben.

Bei Bosch glaubt man aber nicht, dass sich der Schwenk vom Verbrennungs- zum Elektromotor so schnell vollzieht. 2015 würden Elektro- und Hybridantriebe noch ein absolutes Nischendasein führen, glauben die Stuttgarter. "In den kommenden 20 Jahren bleibt der Verbrennungsmotor dominant", prophezeit Knoll. Von einem ähnlichen Zeitraum geht Daimler-Chef Dieter Zetsche aus.

Ein schneller Siegeszug des Elektroantriebs hätte auch für die Stromversorger massive Konsequenzen. Energieriesen wie RWE gehen schon jetzt - ohne Stromverbrauch durch Autos - davon aus, dass es im Jahr 2020 zu Versorgungsengpässen kommt, wenn nicht der Atomausstieg zurückgenommen oder weitere Kraftwerke genehmigt werden. Eine große Elektroauto-Flotte könnte nicht so ohne weiteres zusätzlich versorgt werden.

Als "Allheilmittel" für den Klimaschutz taugt das Elektroauto ohnehin nicht. Die Quelle des CO2-Ausstoßes würde zunächst nur vom Auspuff zum Schornstein eines Kohlekraftwerks verlagert. Natürlich könnte ein Teil durch erneuerbare Energien gedeckt werden, doch auch deren Ausbau benötigt Zeit.

Es führt also kein Weg daran vorbei, die Effizienz zu erhöhen: Elektro-Fahrzeuge müssen mit möglichst wenig Strom auskommen, damit ihre Versorgung zu einem Großteil mit erneuerbarer Energie gedeckt werden kann.

Die Batterien sind dafür ideal, denn sie könnten gezielt dann aufgeladen werden, wenn Windkrafträder viel Strom einspeisen. Doch vorher muss der Spritverbrauch gesenkt werden, denn Pkw mit Verbrennungsmotoren wird es auch in 20 bis 30 Jahren noch geben. Vor dem Elektroauto gilt es also, endlich das Drei-Liter-Auto zu bauen.

stefan.kueper@wz-plus.de