Strom aus Nordafrika: Leitungen mit Wackelkontakt
Wind- und Sonnenkraftwerke in Nordafrika sollen einmal einen Teil des Bedarfs in Europa decken. Doch es gibt Hürden.
München. Endlich mal eine gute Nachricht für das Wüstenstrom-Projekt Desertec: Die bundeseigene KfW-Bank hat für den Bau des ersten großen Solarthermie-Kraftwerks in Marokko 100 Millionen Euro Kredit zugesagt. Und für den weiteren Ausbau des Kraftwerkparks am Rande des Atlas-Gebirges stellt sie „eine vielfach höhere Finanzierung in Aussicht“. Vielleicht fließt ab dem Jahr 2016 tatsächlich der erste Sonnenstrom nach Europa.
Im Augenblick ist es noch umgekehrt: Marokko importiert den größten Teil seines Stroms aus Europa. Aber die Desertec-Stiftung und die von Konzernen wie RWE, Eon, ABB, Deutscher Bank und Munich Re vor drei Jahren gegründete Desertec-Industrie-Initiative (DII) haben eine große Vision: Bis 2050 sollen 400 Milliarden Euro investiert und 15 bis 20 Prozent des europäischen Strombedarfs von Wind- und Sonnenkraftwerken in Nordafrika gedeckt werden.
Doch zuletzt häuften sich die Negativ-Schlagzeilen: Siemens und Bosch stiegen aus. Siemens-Chef Peter Löscher sagte, die Vision sei richtig, aber im Moment müsse Europa sparen und habe wichtigere Probleme, als Stromleitungen von Afrika zu bauen.
Nach dem deutschen Einspeisegesetz wird nur inländischer Ökostrom gefördert. Würde man nur einige Milliarden in Pilotprojekte in der Wüste investieren, könnten die Kosten entscheidend gesenkt werden, sagt Desertec-Sprecher Michael Straub. „Klimaschutz ist ein globales Thema, und natürlich kann man für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes am meisten tun, wenn man das Geld dort einsetzt, wo mit erneuerbaren Energien besonders viel sauberer Strom erzeugt wird.“
Die Sonne strahlt in der Sahara intensiver als in Deutschland, der Wind bläst so heftig wie an der Nordsee — und die Anlagen stören in den dünn besiedelten Gebieten viel weniger. Bei einem Stromverbund mit Nordafrika würden die Europäer rund 40 Prozent oder 33 Milliarden Euro im Jahr sparen, wirbt DII.
Aber auch in Nordafrika sind noch viele Hürden zu überwinden. Die Stromerzeugung ist in staatlicher Hand, gesetzliche Grundlagen für private Stromerzeugung und -export fehlen.