Stromhändler Flexstrom ist insolvent

Berlin (dpa) - Der bundesweite Stromanbieter Flexstrom ist zahlungsunfähig. Das Unternehmen mit mehr als 500 000 Kunden meldete am Freitag Insolvenz an. Wer eine Vorauszahlung an Flexstrom geleistet hat, muss damit rechnen, sein Geld nicht zurückzubekommen.

Es fließt aber weiterhin Strom aus der Steckdose, wie Flexstrom mit Sitz in Berlin mitteilte. Als Gründe für die Insolvenz nannte die Gesellschaft eine schlechte Zahlungsmoral vieler Kunden als Folge kritischer Medienberichterstattung sowie „Oligopolstrukturen“ auf Seiten der Stromlieferanten. Die Bundesnetzagentur stand unmittelbar davor, dem Stromanbieter die Vorauskasse zu verbieten.

„Das war schon unterschrieben und sollte am Freitag rausgehen“, sagte ein Sprecher. Zuvor hatte bereits das „Handelsblatt“ darüber berichtet. Die Behörde hatte eigenen Angaben zufolge schon im Januar ein Verfahren zur Untersagung der Geschäftstätigkeit gegen Flexstrom eingeleitet. „Es kamen Beschwerden aus dem Markt, daraufhin sind wir aktiv geworden“, sagte der Sprecher. Flexstrom sei aufgefordert worden, Nachweise für die finanzielle Leistungsfähigkeit - wie zum Beispiel testierte Jahresabschlüsse - vorzulegen.

Das Unternehmen teilte mit, Kunden seien mit rund 100 Millionen Euro bei Flexstrom und den Tochtergesellschaften Optimalgrün und Löwenzahn Energie im Rückstand. Auch diese beiden Töchter stellten Insolvenzantrag. Das Geschäft der Gastochter Flexgas werde hingegen von einem Investor weitergeführt. Für deren Kunden werde sich nichts ändern.

Flexstrom gab an, eine „fehlerhafte und schädigende Berichterstattung“ einzelner Medien habe dazu geführt, dass nur noch ein Teil der Kunden seine Rechnungen pünktlich bezahle. Das Unternehmen könne diese Rückstände nicht mehr selbst schultern. In dem Berichten war es unter anderem um angebliche Kritik von Geschäftspartnern an dem Unternehmen gegangen. Flexstrom hatte dies zurückgewiesen.

Man sei „profitabel, aber nicht mehr liquide“, teilte die Geschäftsführung am Freitag mit. Noch 2012 seien gut 20 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet worden. Während die Einnahmen von verunsicherten Kunden ausgeblieben seien, hätten Stromeinkauf und Netzentgelte weiter beglichen werden müssen, teilweise versehen mit erheblichen weiteren Sicherheitsleistungen. Außerdem hätten Lieferanten die negative Berichterstattung „zum Anlass genommen, rechtswidrige Forderungen aufzustellen, und so das Marktgeschehen beeinträchtigt“.

In einem Insolvenzfall übernehme der örtliche Grundversorger die Kundenbelieferung mit Strom, erläuterte Rainer Wiek vom Energie-Informationsdienst (EID). Dieser müsse natürlich unabhängig von der vorherigen Geschäftsbeziehung mit Flexstrom bezahlt werden. Abschlags- und Vorauszahlungen an Flexstrom gehen in die Insolvenzmasse. Im Insolvenzverfahren müssen die Kunden dann ihre Forderungen geltend machen.

Im Sommer 2011 hatte die Teldafax Holding aus Troisdorf bei Bonn Zahlungsunfähigkeit angemeldet. Gegen drei frühere Top-Manager erhob die Staatsanwaltschaft Bonn Mitte Februar Anklage wegen Insolvenzverschleppung und gewerbsmäßigen Betruges. Mit rund 700 000 Gläubigern ist die Pleite des Stromanbieters der Firmenzusammenbruch in Deutschland mit den bisher meisten Betroffenen.

Die Beispiele Teldafax und Flexstrom zeigten, dass „diese Geschäftsmodelle eng gestrickt“ seien, sagte Wiek. Mit niedrigen Stromtarifen, oft verbunden mit einer Vorauszahlung für ein Jahr, würden Kunden angelockt. Diese Einnahmen dienten wiederum dazu, größere Strommengen günstig einzukaufen. Die etablierten Versorger reagierten inzwischen mit günstigeren Tarifen. Wenn die neuen Anbieter ihren Kundenstamm aber nicht schnell genug erhöhen könnten oder sogar Kunden verlören, könnten sie schnell in Schwierigkeiten geraten, sagte Wiek.