Strompreise in Deutschland wegen Energiewende mit am höchsten
Hamburg/Seoul (dpa) - Die Energiewende und der Ausbau der Leitungsnetze haben die Strompreise in Deutschland in den vergangenen Jahren extrem verteuert.
Für private Haushalte und den Großteil der Gewerbebetriebe erhöhte sich der Strompreis zwischen 2002 und 2012 um mehr als 83 Prozent, so stark wie in keinem anderen Industrieland, wie die Unternehmensberatung BDO und das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) am Montag in Hamburg mitteilten. Sie untersuchen regelmäßig die Standort- und Rahmenbedingen für Investitionen in verschiedenen Ländern für einen „International Business Compass“.
Mit durchschnittlich 26,36 Cent brutto je Kilowattstunde (kWh) werde der deutsche Preis unter 27 untersuchten OECD-Ländern nur noch von Dänemark mit 29,83 Cent übertroffen. Damit müssten die Stromkunden in Deutschland etwa doppelt so viel bezahlen wie im benachbarten Frankreich (13,63 Cent/kWh) und fast dreimal so viel wie in den USA (9,25 Cent/kWh).
„Der besonders starke Anstieg der Strompreise in Deutschland ist hauptsächlich auf den Umstieg auf erneuerbare Energieträger zurückzuführen“, sagte HWWI-Forschungsdirektor Michael Bräuninger.
Nach der Studie ist der Strom in Deutschland für die Industrie auch dann vergleichsweise teuer, wenn sie von den Rabatten des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) profitiert.
Für Industriekunden seien die Preise seit 2002 um 125 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie. Deutschland stehe mit 11,57 Cent je Kilowattstunde auf Platz sechs. Deutlich günstigere Bedingungen für die Industrie gebe es zum Beispiel in Norwegen (3,58 Cent/kWh) oder in den USA (5,21 Cent/kWh).
Große Stromverbraucher und Unternehmen im internationalen Wettbewerb werden müssen die EEG-Umlage für die erneuerbaren Energieträger nicht in voller Höhe zahlen. Sie werden um rund fünf Milliarden Euro entlastet, die von den privaten Stromverbrauchern und den übrigen Unternehmen getragen werden müssen.
Dieses Volumen wird auch nach der Reform des EEG ungefähr beibehalten. „Der überwiegende Teil der deutschen Betriebe kommt gar nicht in den Genuss vergünstigter Industriestromtarife“, sagte BDO-Vorstand Arno Probst. „Besonders für viele mittelständische Unternehmen bedeuten diese Strompreise einen erheblichen Nachteil gegenüber den Nachbarländern.“
Global gesehen wird immer mehr Strom erzeugt. Die Anteil der Elektrizität am gesamten Energiebedarf habe sich in den vergangenen 40 Jahren ungefähr verdoppelt, heißt es im jüngsten Ausblick der Internationalen Energieagentur IEA, der am Montag anlässlich eines Ministertreffens in Seoul veröffentlich wurde. Rund 40 Prozent der eingesetzten Primärenergie werde zur Stromproduktion verwendet; der Rest auf Verkehr, Industrieproduktion und Wärme.
Dabei setzen vor allem die Schwellenländer wie China und Indien auf Kohle als Energieträger. „Der weltweit zunehmende Nutzen der Kohle überschattet den Fortschritt bei der Bereitstellung erneuerbarer Energien“, sagte IEA-Direktorin Maria van der Hoeven. Dennoch gehe die IEA davon aus, dass bis 2050 die Stromproduktion weltweit ohne fossile Energieträger sichergestellt werden könne. Bis dahin müssten 44 Billionen Dollar (32 Billionen Euro) zusätzlich für den Umstieg auf eine saubere Stromerzeugung investiert werden.