Gerichtsurteil SunExpress Deutschland wehrt Betriebsratswahl erneut ab
Frankfurt/Main (dpa) - Bei der Lufthansa-Beteiligung SunExpress Deutschland können Arbeitnehmervertreter vorerst weiter keinen Betriebsrat wählen.
Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt bestätigte die Sicht der Richter aus der vorhergehenden Instanz, wonach dafür die gesetzliche Grundlage fehle. Gewerkschaften geben sich in der Frage, die im Herbst endgültig geklärt werden soll, kampfbereit.
Die Pilotengewerkschaft VC Cockpit und die Flugbegleitervertretung UFO wollen einen Betriebsrat beim Ferienflieger etablieren und hatten schon einen Wahlvorstand bestimmt. Die Airline, eine Tochter der in Antalya sitzenden SunExpress, hatte dies im April per einstweiliger Verfügung am Frankfurter Arbeitsgericht verhindert.
Der Billigflieger sieht den Weg der Gewerkschaften als unrechtmäßig an, da laut Betriebsverfassungsgesetz für das fliegende Personal zunächst ein Tarifvertrag abgeschlossen werden müsse, der eine Personalvertretung regelt. Einen Tarifvertrag lehnt die Airline ab.
Richter Peter Gegenwart schloss sich der Sicht an. Das Betriebsverfassungsgesetz gelte für Beschäftigte im Flugbetrieb nicht. Auch eine EU-Richtlinie spreche nicht dagegen.
In der Tat gibt es im Betriebsverfassungsgesetz für die Luftfahrt eine Ausnahme, während in anderen Branchen die Wahl von Betriebsräten unkompliziert ist. Dort steht, dass für Mitarbeiter im Flugbetrieb „eine Vertretung durch Tarifvertrag errichtet werden kann“.
Sunexpress Deutschland hat mit dem Entscheid aber nur die unverzügliche Betriebsratswahl abgewehrt. Im Grundsatz entscheidet das Bundesarbeitsgericht am 24. Oktober. Es wäre das erste Urteil in der Luftfahrt in dieser Frage. Dem Wahlvorstand des Ferienfliegers sei zuzumuten, so lange zu warten, erklärte Gegenwart. Er betonte ferner, dass der Wahlvorstand mit Ufo und VC zwei kampferprobte Gewerkschaften hinter sich habe.
SunExpress Deutschland, die zu gleichen Teilen Turkish Airlines und Lufthansa gehört, hält einen Betriebsrat für überflüssig, da der Dialog mit der Belegschaft „konstruktiv“ sei. Für einen Betriebsrat müssten mehrere Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt werden. Zudem würden die Mitspracherechte interne Prozesse bremsen, so die Airline, die rund 1400 Menschen beschäftigt. Die Frage nach einem Tarifvertrag stelle sich erst nach dem Entscheid im Hauptsacheverfahren.
Die Gewerkschaft Ufo gab sich dennoch zuversichtlich. Man werde die Frage weiter gerichtlich ausfechten und habe auch andere Mittel, um bei Sunexpress Mitarbeiterbestimmung durchzusetzen, sagte Tarifvorstand Nicoley Baublies. Er schloss Streiks nicht aus: Notfalls müsse man „Arbeitskampfmaßnahmen“ in Erwägung ziehen.
Die Pilotengewerkschaft VC monierte, es werde den europäischen Richtlinien nicht gerecht, „dass es in einem Flugbetrieb mit über eintausend Mitarbeitern keine Handhabe gibt, Mitbestimmung gerichtlich durchzusetzen, während dies bei Bodenbetrieben möglich ist“. Sie sieht die Lufthansa-Führung in der Pflicht, weil SunExpress Deutschland auch für die Konzerntochter Eurowings fliege.