Wirtschaft Thermomix: Das "I-Phone aus Wuppertal" beschert Vorwerk Rekordjahr

Der Thermomix sorgt bei Erfinder Vorwerk für Rekorde. Das Ende des Erfolges ist nicht abzusehen - vor allem, da die eierlegende Wollmilchsau für die Küche sich inzwischen auch zum digitalen Alleskönner entwickelt.

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Düsseldorf. Journalisten sind in aller Regel Realisten mit leichtem Hang zum Pessimismus, zum Mahnen. Solchen Journalisten sah sich am Donnerstag auch Reiner Strecker gegenüber. Der persönlich haftende Gesellschafter von Vorwerk & Co. KG präsentierte das Jahresergebnis des Wuppertaler Familienunternehmens. Die Zahlen kennen seit Jahren nur eine Richtung. Es geht nach oben. Nun sind es schon fast 3,1 Milliarden Euro Umsatz, vier Prozent mehr als 2015 und 36 Prozent mehr als 2013. Vorwerk wuchs im vergangenen Jahr wieder organisch, also ohne Zukäufe. Im Zentrum des Erfolgs steht die Küchenmaschine Thermomix, eine Art eierlegende Wollmilchsau, die seit gut zwei Jahren jetzt auch digital vernetzt ist.

Online hilft beim Kochen. Die Welt scheint nur darauf gewartet zu haben. „2,6 Millionen Geräte digital“, erklärte Strecker. Andere werden nicht mehr produziert. Aber Millionen vom analogen Thermomix sind noch im Markt. Sie werden irgendwann ausgetauscht werden. Auch damit beantwortet sich die Frage einiger Journalisten, ob sich nicht langsam das letzte Kapitel der Erfolgsgeschichte andeute. Schließlich sei der Umsatz mit dem Gerät im vergangenen Jahr um nur noch elf Prozent gegenüber 2015 gestiegen.

„Wir sind sehr zufrieden“, sagte Strecke. Sicher habe es auch schon Wachstumsraten von 25 Prozent gegeben. Aber damals sei die Basis auch eine andere gewesen. „Allein die Nachfrage nach Rezeptmagazinen für den Thermomix zeigt uns, dass der sogenannte Hype noch nicht zu Ende ist. Wir sind wirklich sehr zufrieden.“

Das heißt aber nicht, dass die Wuppertaler sich auf den Lorbeeren ausruhen wollen. Zwar haben die Vorwerker stolz registriert, dass ihre Küchenmaschine von vielen auch als „das Iphone aus Wuppertal“ bezeichnet wird, aber im Zeitalter der Digitalisierung ist Stillstand der erste Schritt in die falsche Richtung. Allerdings dürfe digital kein Selbstzweck sein, fügte der ebenfalls persönlich haftende Gesellschafter Rainer Christian Genes hinzu. „Unsere Geräte müssen einen echten Mehrwert haben. Daran arbeiten wir.“ Als Beispiel nannte Genen den Staubsauger, der weiß, wann sein Nutzer neue Beutel bestellen muss. „Denkbar wäre, dass er das per App tun kann“, erklärte Genen.

Staubsauger sind das zweite Standbein Vorwerks. Hier verbuchte das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang um knapp vier Prozent. Doch das erkläre sich mit einem Lieferengpass in Italien im Jahr 2014. „Wir haben die Geräte dann Anfang 2015 geliefert“, erklärte Strecker. Die dadurch guten Stückzahlen konnte Vorwerk im Jahr danach nicht erreichen. Tendenziell stehen die Zeichen bei Kobold und Co. aber auf Wachstum. Garant dafür soll auch der Staubsauger-Roboter sein, denn die Stiftung Warentest nun schon zum zweiten Mal mit Bestnoten bewertet habe.

Das Geschäft mit Kosmetik der Marke Jafra hat im vergangenen Jahr einen Dämpfer erlebt. Die Produkte bringt Vorwerk wie den Thermomix im Direktvertrieb auf den Markt. Hauptabsatzgebiet ist Mittelamerika. Dort sei es durch Wechselkursschwankungen zu einem Minus von insgesamt sieben Prozent gekommen. Erfreulich sei dennoch die Entwicklung in Indonesien. „Hier haben wir den Umsatz auf 20 Millionen Euro verdreifacht“, sagte Frank van Oers, der die Unternehmenspitze als persönlich haftender Gesellschafter komplettiert.

Einbußen musste Vorwerk auch im Teppichgeschäft hinnehmen. Genes begründete den Rückgang um fast neun Prozent auf 70 Millionen Euro mit Investitionen in das Geschäftsfeld, durch die Umsatz verlorengegangen sei. Insgesamt macht „Flooring“ ohnehin nur noch einen verschwindend geringen Anteil des Vorwerk-Umsatzes aus.
Ganz anders verhält sich das mit der Finanzdienstleistung. Die zu Vorwerk gehörende akf-Gruppe hat vor allem mittelständische Unternehmen im Fokus. Das Neugeschäft stieg im vergangenen Jahr auf 1,2 Milliarden Euro, der Umsatz der Vorwerk-Bank kletterte um fast zwölf Prozent auf 431 Millionen.

Vorwerk beschäftigt weltweit 649 000 Menschen, davon 12 000 Fest. 2500 Frauen und Männer arbeiten am Stammsitz des Familienunternehmens in Wuppertal.