Tourismus wächst langsamer
Berlin (dpa) - Der weltweite Tourismus dürfte nach Einschätzung der Vereinten Nationen auch 2011 wachsen - aber nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr.
Die Welttourismusorganisation UNWTO rechnet mit vier bis fünf Prozent mehr internationalen Gästeankünften. Wachstumstreiber seien weiterhin Ziele in Asien, Afrika und Südamerika. UNWTO-Generalsekretär Taleb Rifai erwartet, dass besonders Chinesen, Russen, Saudis und Brasilianer ihre Reisebudgets weiter aufstocken. Prognosen für den Nahen Osten wagte Rifai nicht.
Nach dem Krisenjahr 2009 waren im vergangenen Jahr die internationalen Gästeankünfte stärker als erwartet um 6,7 Prozent auf 935 Millionen gestiegen und damit auf Rekordniveau. „Die Herausforderung ist nun, dieses Wachstum in einem weiterhin unsicheren wirtschaftlichen Umfeld zu festigen“, sagte Rifai auf der Reisemesse ITB in Berlin. Die hohe Arbeitslosigkeit berge Risiken.
Die Anfälligkeit des Tourismus zeigte sich in Griechenland. Das Reiseland hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Besucher aus der Europäischen Union gehabt als zuvor. Tourismusminister Pavlos Yeroulanos begründete das auch mit den Negativschlagzeilen um die EU-Finanzhilfen für Griechenland. „2010 war ein schlimmes Jahr.“
Von den 12,7 Millionen ausländischen Besuchern, die das Land von Januar bis September 2010 erreichten, kamen gut neun Millionen aus der Europäischen Union. Das waren 5,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Deutsche Reiseveranstalter berichteten jedoch zuletzt, dass Griechenland in diesem Jahr wieder gut gebucht werde.
Nach dem dramatischen Umsturz hofft auch Ägypten auf die Rückkehr der Urlauber. „Wir wollen alles tun, um das Vertrauen der Touristen zurückzugewinnen“, sagte der ägyptische Tourismusminister Mounir Fakhry Abdel Nour. Die Buchungen stiegen langsam. Bis Jahresende hoffe man, die Zahlen des Vorjahres wieder zu erreichen.
Nach Angaben des ägyptischen Fremdenverkehrsamtes reisten 2010 insgesamt 14,2 Millionen Gäste aus aller Welt in das Land der Pharaonen. Darunter waren 1,33 Millionen deutsche Touristen, 10,5 Prozent mehr als im Jahr davor.
Bei der weltweiten Tourismus-Prognose fallen die Unruhen in Nordafrika kaum ins Gewicht, sagte UN-Tourismuschef Rifai, auch wenn Vorhersagen für den Nahen Osten derzeit schwer seien. Im Januar war die Organisation noch von 7 bis 10 Prozent Plus ausgegangen.
Wichtigste Zielregion bleibt Europa, auf das 2010 mit 471 Millionen rund die Hälfte der Ankünfte entfiel. Aber der Rest der Welt holt auf: Asien, das schon 2010 mit 13 Prozent am stärksten zulegte, kann nach der Prognose in diesem Jahr mit 7 Prozent mehr internationalen Gästen rechnen. Das mögliche Plus für Afrika wird auf 4 bis 7 Prozent beziffert, für Nord- und Südamerika auf 4 bis 6 Prozent. Europa darf laut UN nur auf 2 bis 4 Prozent hoffen.
Bei deutschen Urlaubern hält der Kreuzfahrten-Boom an. Zugleich sind die in Deutschland angebotenen Hochseereisen im Schnitt billiger geworden. Nach der Kreuzfahrtenanalyse 2010 des Deutschen Reiseverbands entschieden sich im vergangenen Jahr 18,9 Prozent mehr deutsche Urlauber für Fahrten mit Hochseeschiffen. Knapp 1,22 Millionen Reisende gingen an Bord. Beim Umsatz legte die Branche dagegen um 7,2 Prozent auf knapp 2,068 Milliarden Euro zu.
Innerhalb Deutschlands fällt nach guten Zuwächsen der Osten wieder zurück. Während die Übernachtungen bundesweit im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent auf den Rekordwert von 380 Millionen zunahmen, stand im Osten unterm Strich nur ein mageres Plus von 0,4 Prozent auf 71,4 Millionen. Das ergab das Sparkassen-Tourismusbarometer.
„Die Bilanz ist durchwachsen“, sagte Claus Friedrich Holtmann, der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbands. „Aber es ist nicht so, dass man die Ohren hängen lassen muss. Man muss einen Sprung wagen.“ Die Betriebe müssten stärker um ausländische Gäste werben und die Qualität ihrer Angebote steigern.
Die Veranstalter ITS, Jahn Reisen und Tjaereborg rechnet für den Pauschalreisen-Markt in diesem Jahr mit einem Plus von drei bis fünf Prozent. In den vergangenen vier Monaten seien die Buchungen der Pauschalreise-Marken der REWE Touristik um etwa vier Prozent gewachsen, wie Sören Hartmann, der Sprecher der Geschäftsführung, sagte. „Die Deutschen sind konsumbereiter, sie sorgen sich nicht mehr so sehr um die Wirtschaftslage und um ihr Arbeitsplätze; das ist wie Rückenwind für die Reisebuchungen.“