Trotz Rekordbeschäftigung kein Goldener Oktober
Nürnberg (dpa) - Kein Goldener Oktober auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Die flaue Konjunktur hat trotz Rekordbeschäftigung nur für eine schwache Herbstbelebung gesorgt und die Hoffnung auf einen Jobaufschwung weiter gedämpft.
Die Zahl der Arbeitslosen sank im Oktober lediglich um 48 000 auf 2,801 Millionen, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg mitteilte. Der saisonübliche Rückgang der Arbeitslosenzahlen fiel damit geringer aus als im Schnitt der vergangenen drei Jahre. „Im Zuge der Herbstbelebung ist die Zahl der arbeitslosen Menschen im Oktober weiter gesunken. Allerdings fiel der Rückgang moderat aus“, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise am Mittwoch. Die Arbeitslosenquote sank im Vergleich zum September um 0,1 Punkte auf 6,5 Prozent - und damit auf das Niveau vom Vorjahr. „Wir rechnen auch in den kommenden Monaten mit einer stabilen Entwicklung“, sagte Weise.
Der BA-Chef räumte ein, dass sich die Bundesagentur allein mit einer stabilen Arbeitsmarktentwicklung nicht zufrieden geben könne. Ein stabiler Arbeitsmarkt sei zwar gut. „Aber ein dynamischer Arbeitsmarkt muss unser Ziel sein“, fügte er hinzu. Wer jetzt eine Stelle habe, unterliege nur einem geringen Risiko, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. „Gleichzeitig sind die Vermittlungschancen für Arbeitslose gesunken“, sagte Weise.
Für die kommenden drei Monate rechnet der BA-Chef mit keinen größeren Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. „Die Kurzarbeit entwickelt sich unauffällig, und auch die Zahl jener, die frühzeitig Arbeit suchen, verändert sich kaum noch.“ Auch das neue Arbeitsmarktbarometer, das auf der Befragung aller 156 deutschen Arbeitsagenturen fuße, gehe bis zum Jahresanfang 2014 von einer Stagnation aus.
Die Zahl der Erwerbstätigen war im September - dem aktuellsten Wert - auf das Rekordniveau von 42,16 Millionen gestiegen. Damit gab es in Deutschland soviel Arbeitsplätze wie noch nie. Im Vergleich zum Vorjahr hatten damit 250 000 mehr Männer und Frauen eine Arbeit als im Jahr zuvor. Die Bundesagentur räumte ein, dass Arbeitslose von den neu entstehenden Arbeitsplätzen verhältnismäßig wenig profitieren. Statt Erwerbslose stellten Unternehmen oft Zuwanderer aus den EU-Ländern ein.
BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt warnte dennoch vor falschen Schlüssen. Zuwanderer aus dem EU-Ausland würden dringend auf dem deutschen Arbeitsmarkt gebraucht, um die wachsende Demografie-Lücke zu schließen: Inzwischen steige wieder die Zahl der Bundesbürger, die altersbedingt aus dem Arbeitsleben ausscheiden. „Qualifizierte Zuwanderer sorgen in vielen Unternehmen für den Wachstumssprung, der dann auch anderen erlaubt, in den Arbeitsmarkt zu gelangen“, sagte das für Hartz IV zuständige Vorstandsmitglied. Mit Fortbildungskampagnen versuche die BA zugleich, die Jobchancen gering qualifizierter Arbeitsloser zu verbessern.
Die amtierende Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bewertete den Anstieg der Erwerbstätigenzahl über die Rekordmarke von 42 Millionen als ein ermutigendes Signal. „Nach wie vor ist genug Arbeit in Deutschland da“, erklärte die CDU-Politikerin in Berlin. Ein hoher Beschäftigungsstand sei die beste Grundlage für auskömmliche Steuereinnahmen und solide Sozialkassen. Dauerhafte Erfolge am Arbeitsmarkt seien aber nur mit fairen und wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen möglich.
Als „weiterhin schwierig“ beschrieb BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker die Lage auf dem Lehrstellenmarkt. Einen Monat nach dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres gebe es in Deutschland noch immer 21 000 unversorgte Lehrstellen-Bewerber, berichtete er. Dies seien rund 5400 mehr als im Vorjahr. Weitere 62 500 junge Leute hätten sich für einen längeren Schulbesuch entschieden, nähmen an Berufsvorbereitungskursen teil oder jobbten, hofften aber trotzdem noch auf eine Lehrstelle, berichtete die Behörde in Nürnberg. Dem stünden 33 500 unbesetzte Lehrstellen gegenüber.