UBS-Chef Grübel nimmt nach Zockerskandal den Hut
Zürich (dpa) - UBS-Chef Oswald Grübel zieht die Konsequenzen aus dem Zockerskandal bei der Schweizer Großbank und tritt ab. Der Verwaltungsrat habe sein Rücktrittsgesuch angenommen, hieß es in einer Mitteilung vom Samstag.
Vorläufiger Nachfolger des 67-Jährigen wird Vorstandsmitglied Sergio Ermotti (51). Das riskante Investmentbanking der UBS soll geschrumpft werden. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass ein 31 Jahre alter Londoner Händler durch nicht genehmigte Transaktionen der Bank einen Verlust von 2,3 Milliarden Dollar (1,7 Mrd Euro) beschert hatte.
UBS-Verwaltungsrat Kaspar Villiger erklärte, die Bankenführung habe versucht, Grübel von seinem sofortigen Weggang abzuhalten. „Wir haben ihn sogar bekniet, dass er bleibt“, sagte der oberste Aufseher der „NZZ am Sonntag“. Dieser betrachte es aber „als seine Pflicht, für den kürzlichen Vorfall im Zusammenhang mit dem unautorisierten Handel die Verantwortung zu übernehmen“. Für Grübel wäre ein Rücktritt erst nach der Hauptversammlung im nächsten Frühjahr ein zu wenig starkes Zeichen gewesen, betonte Villiger am Samstag. Da er die Bank freiwillig verlasse, bekomme der Manager keine Abfindung, sondern die üblicherweise gezahlten sechs Monatsgehälter.
Die Entscheidung Grübels fiel auf einer Tagung von Management und Verwaltungsrat der Bank in Singapur. Singapurs Staatsfonds GIC ist mit mehr als sechs Prozent größter Aktionär der UBS und hatte dem Vernehmen nach scharfe Kritik am Top-Management geübt. Die ursprünglich auf drei Tage angesetzte Tagung war routinemäßig nach Singapur einberufen worden, bevor der Spekulationsskandal um den Londoner Händler aufflog.
Der aus Thüringen stammende Grübel begann seine Bankkarriere bei der Deutschen Bank, wechselte 1970 in die Credit-Suisse-Gruppe und stieg bis zur Konzernspitze der zweiten Schweizer Großbank auf, die er von 2004 bis 2007 innehatte. Eigentlich bereits im Ruhestand, wurde er 2009 überraschend Chef beim Konkurrenten UBS.
Interims-Chef Ermotti, bisher im Vorstand zuständig für Europa, den Nahen Osten und Afrika, ist nach Ansicht Villigers auch ein aussichtsreicher Kandidat für die definitive Nachfolge an der UBS-Spitze. Ermotti kam von der italienischen Bank UniCredit zu den Schweizern. Der Verwaltungsrat habe den Auswahlprozess für den neuen Konzernchef bereits in die Wege geleitet, sagte Villiger. In die Suche eingebunden sei auch Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber, der 2012 in den Verwaltungsrat der UBS einziehen und 2013 dort das Ruder übernehmen soll. „An dieser Reihenfolge hat sich nichts geändert“, sagte Villiger.
Allerdings wurden in der Schweiz auch Forderungen nach einem Abtritt Villigers laut. „So konsequent und richtig der Rücktritt von Oswald Grübel ist, so inkonsequent und falsch ist, dass die UBS keine weiteren Konsequenzen zieht“, kritisierte am Sonntag die Online-Ausgabe des „Tages-Anzeiger“ in einem Kommentar. Villiger solle seinem designierten Nachfolger Weber nicht erst im Frühjahr 2013, sondern so rasch wie möglich den Stuhl überlassen.
Auf ihrer Tagung in Singapur beschlossen Management und Verwaltungsrat auch, das risikoreiche Investmentbanking deutlich zurückzufahren. Danach wird die Sparte zwar ein Teil der Dienstleistungen für UBS-Kunden bleiben, aber sie werde künftig „weniger Risiken eingehen und weniger Kapital beanspruchen, um zuverlässige Erträge zu generieren und einen optimalen Beitrag zu den Gesamtzielen von UBS zu leisten“, hieß es in der Mitteilung der Bank vom Samstag.
Unterdessen laufen nach Angaben Villigers die Untersuchungen zu dem Spekulationsskandal unvermindert weiter. Selbst der Verwaltungsrat sei überrascht gewesen, dass ein einzelner Händler einen Schaden solchen Ausmaßes habe anrichten können. Der Wertpapierhändler war am Donnerstag vergangener Woche in der Londoner City in Polizeigewahrsam genommen worden. Er soll die Bank selbst auf die Probleme aufmerksam gemacht haben.
Die UBS hatte mitgeteilt, dass sie kurzfristig ein Abrutschen in die Verlustzone im dritten Quartal für möglich hält. Auch muss die Bank weiterhin um ihre Bonitätsstufe fürchten, nachdem Ratingagenturen eine Überprüfung der Kreditwürdigkeit angekündigt hatten.