Schäuble offen für früheren ESM-Start
Washington (dpa) - Im Euro-Schuldendrama rüstet sich die Politik für schärfere Maßnahmen. Finanzminister Wolfgang Schäuble schließt einen früheren Start des dauerhaften Rettungsschirmes ESM noch vor Mitte 2013 nicht mehr aus.
Auch eine stärkere Beteiligung privater Banken an einem zweiten Milliarden-Rettungspaket für Griechenland ist für die Euro-Retter kein Tabu mehr. Die Top-Wirtschaftsmächte gaben sich beim Treffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) geschlossen im Kampf gegen die Schuldenkrise in den USA und Europa.
„Wenn der ESM früher in Kraft gesetzt werden kann, dann hätten wir nichts dagegen“, sagte Schäuble am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank. Der ESM soll eigentlich erst im Juli 2013 starten und dann den aktuellen Rettungsfonds EFSF ablösen. Bis dahin soll der EFSF mit neuen Instrumenten ausgestattet und finanziell gestärkt werden.
Auf die Frage einer möglichen stärkeren Beteiligung privater Geldgeber an der Griechenland-Rettung sagte er, dies werde besprochen, sobald der „Troika“-Bericht von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF zur nächsten Kredittranche vorliege. Man müsse dann sehen, ob die Voraussetzungen für das zweite Paket noch so gegeben seien wie bei der Vereinbarung im Juli.
Wichtiger Teil des zweiten Pakets für Athen von 109 Milliarden Euro ist eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger. Banken und Versicherer tauschen dazu griechische Staatsanleihen in länger laufende Schuldtitel um. Dies soll mit einem Forderungsverzicht von 21 Prozent einhergehen. Inzwischen wird aber auch in der Berliner Koalition über einen stärkeren Beitrag des Privatsektors nachgedacht.
Zu Forderungen, die Finanzkraft des EFSF weiter zu stärken mit einer Refinanzierung über die EZB, sagte Schäuble: Es gebe auch andere Formen, einen Kredithebel („Leveraging“) einzusetzen als den Rückgriff auf die EZB. Schäuble betonte aber:. „Natürlich werden wir den EFSF in einer effizienten Weise nutzen.“
Befürworter hoffen, mit einer unbegrenzten Kreditlinie des EFSF bei der EZB die Turbulenzen an den Finanzmärkten endgültig eindämmen zu können. Eine klare Absage kam jedoch von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Eine Refinanzierung des Rettungsfonds über die EZB würde gegen das Verbot einer monetären Staatsfinanzierung verstoßen, sagte er.
Differenzen zwischen den USA, den Euro-Ländern und einigen europäischen Partner wie Großbritannien beim Krisenmanagement in der Währungsunion sieht Schäuble nicht. Es gebe ein hohes Maß an Gemeinsamkeit. Die Euro-Länder hätten die Partner von ihrem Kurs überzeugt. „Es gibt keinen Anlass für Panikmache“, sagte Schäuble.
US-Finanzminister Timothy Geithner verlangte von den 17 Euro-Ländern größere Anstrengungen. Die Vereinbarungen der vergangenen 18 Monate seien „beeindruckend“. Es seien aber weitere Maßnahmen nötig, damit deren Wirksamkeit erhöht wird, „um eine Schutzmauer gegen eine weitere Ausbreitung zu errichten“.
Die Regierungen sollten mit der EZB zusammenarbeiten, um „unmissverständlich zu demonstrieren“, dass Länder mit einer gesunden Haushaltspolitik Zugang zu einer erschwinglichen Finanzierung haben. Es müsse zudem sichergestellt sein, dass die europäischen Banken angemessenes Kapital zur Verfügung haben.
IWF-Chefin Christine Lagarde zeigte sich zuversichtlich. „Die Weltwirtschaft hat die Hälfte der Arbeit, die erledigt werden muss, hinter sich.“ Beim Schuldenabbau sei bereits vieles angeschoben worden, bei der verbesserten Kapitalausstattung der Banken oder Finanzreform sei schon einiges erreicht worden. „Wir sind an einer kritischen Gabelung“, sagte Lagarde. „Jetzt geht es darum, sich zu bemühen, auf der anderen Seite anzukommen.“
Der Lenkungsausschuss des IWF, in dem die Richtlinien vorgegeben werden, erklärte: „Wir werden gemeinsam handeln, um Vertrauen und Finanzstabilität wiederherzustellen und das weltweite Wachstum wieder aufleben zu lassen.“ Die Staatsfinanzen müssten wieder in Ordnung gebracht und die Wirtschaftserholung sichergestellt werden.
In einer Erklärung des IWF-Spitzengremiums heißt es weiter: Die Länder der Euro-Zone „werden alles Notwendige unternehmen“, um die Schuldenkrise zu lösen. Dazu gehöre auch, die Beschlüsse des Euro-Krisengipfels vom Juli umzusetzen und die Wirksamkeit des Rettungsschirms EFSF zu maximieren.
Brasiliens Finanzminister Guido Mantega warnte die USA und die Eurozone vor schweren wirtschaftlichen Folgen, sollten deren Probleme nicht entschlossen angegangen werden. Blieben schlagkräftige Maßnahmen aus, „scheint das beste Szenario für diese Länder eine ausgedehnte Stagnation mit hoher Arbeitslosigkeit sein“. Einige reiche Länder sollten zumindest erwägen, ihre Pläne zur Defizitbekämpfung zu verkleinern oder zu verlangsamen.