WZ Umfrage Umweltbundesamt für noch höhere Spritpreise - Ist das noch tragbar?

Interaktiv · Verbraucher-Hammer für Autofahrer: Das Umweltbundesamt hat sich für einschneidende Maßnahmen ausgesprochen, um Klimaziele im Verkehr zu erreichen - darunter steigende Spritpreise durch einen höheren CO2-Preis.

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Tanken wird immer teurer

Die Kraftstoffpreise steigen weiter. Der Benzinpreis erreichte am Dienstag (2. November) erneut ein Jahreshoch, teilte der ADAC mit.

Ein Liter Super E10 kostete demnach im bundesweiten Durchschnitt 1,680 Euro, nach 1,675 Euro in der Vorwoche. Das war bereits der höchste Wert seit mehr als neun Jahren. Der bisherige absolute Rekordwert von 1,709 Euro stammt laut ADAC aus dem Jahr 2012.

Umweltbundesamt für höhere Spritpreise

Das Umweltbundesamt fordert einen höheren CO2-Preis. Außerdem müsse die Pendlerpauschale abgeschafft, ein Tempolimit und eher langfristig eine Pkw-Maut eingeführt werden. Der Autofahrerclub ADAC reagierte empört auf die Vorschläge, die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ging auf Distanz zum Umweltbundesamt.

„Der Verkehr steuert beim Klimaschutz in die falsche Richtung“, sagte der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, der Deutschen Presse-Agentur. „Ohne massive Anstrengungen auch dort wird es insgesamt nichts mit dem Klimaschutz.“ Es seien im Verkehrssektor viel wirkungsvollere Maßnahmen notwendig.

Verkehr sei einer der größten Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland - und der Verkehrssektor der einzige Bereich, der seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 nicht gemindert habe. „Was noch schlimmer ist: Wir werden auch die selbst gesetzten Ziele aus dem Klimaschutzgesetz bis 2030 im Verkehrssektor deutlich verfehlen, wenn wir nicht massiv nachsteuern“, so Messner. „Mit den aktuell beschlossenen Maßnahmen landen wir im Jahr 2025 bei 28 Millionen Tonnen zu viel und liegen im Jahr 2030 sogar 41 Millionen über den gesetzlichen Zielen.“

Umfassendes Papier mit Vorschlägen

Diese riesige Lücke könne aber geschlossen werden. Das Umweltbundesamt legte dazu umfassende Reformvorschläge vor. So sollte der CO2-Preis ab 2022 im Vergleich zur bisherigen Planung mindestens verdoppelt werden. Das würde deutlich steigende Benzin- und Dieselpreise bedeuten.

„Auch wenn die Spritpreise derzeit sehr hoch sind, sagen die Preise für Benzin und Diesel nicht die ökologische Wahrheit“, erklärte Messner. „Aus Klima- und Umweltschutzsicht ist es sinnvoll, den CO2-Preis weiter zu erhöhen. Und das ist auch sozialverträglich möglich, wenn der Staat die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung nutzt, um die EEG-Umlage deutlich zu senken und gleichzeitig klimaverträgliche Antriebstechnologien zu fördern.“

Messner sagte weiter: „Mir ist bewusst, dass die aktuellen Spritpreise an den Tankstellen viele davon abschrecken, diese Diskussionen zu führen. Wir müssen uns aber ehrlich machen und alle Optionen diskutieren. Dabei gehören steigende CO2-Preise und Rückzahlungen an die Bürgerinnen und Bürger zusammen.“

ADAC übt scharfe Kritik

Der ADAC äußerte scharfe Kritik. Durch einen ständigen „Überbietungswettbewerb“ würde die Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen gefährdet, erklärte ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand am Donnerstag. „Derart massive Preissignale treffen die Bevölkerung zu einem Zeitpunkt, an dem sie teilweise bereits an der Belastungsgrenze sind und Alternativen schlichtweg nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.“ Denn der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und der Ladeinfrastruktur für E-Autos komme nur langsam voran. Außerdem stiegen die Energiepreise marktbedingt auf neue Höchststände: „Dennoch will das Umweltbundesamt die Verbraucher mit einer Abgabenorgie zusätzlich belasten.“

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Ministerin Schulze reagierte zurückhaltend auf die Vorschläge der Behörde, die zum Geschäftsbereich des Umweltministeriums gehört. „SPD, Grüne und FDP bekommen zurzeit von allen Seiten gut gemeinte Ratschläge, was zu tun sei“, sagte die SPD-Politikerin. „Es ist jetzt Sache der Parteien, den Koalitionsvertrag für diese Regierung auszuhandeln. Klar ist: Wir wollen gemeinsam beim Klimaschutz mehr Tempo machen.“

Zu den Vorschlägen des Umweltbundesamtes gehören neben einem höheren CO2-Preis noch andere umstrittene Punkte: Das sogenannte Dieselprivileg solle ab 2023 schrittweise abgeschafft werden - bisher wird Diesel geringer besteuert als Benzin. Die steuerliche „Subventionierung“ von Dienstwagen solle ab 2022 schrittweise abgebaut und ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen eingeführt werden. Einem Tempolimit haben SPD, Grünen und FDP bereits eine Absage erteilt, mit den Liberalen ist das nicht zu machen.

Heftig umstritten sein dürfte auch der Vorschlag des Umweltbundesamts, ab 2027 die Pendlerpauschale abzuschaffen. Sie setze Fehlanreize für den Klimaschutz, so die Behörde. Die Pauschale unterstütze den Trend zu langen Arbeitswegen. Zugleich würden Arbeitswege überdurchschnittlich häufig in Pkw mit nur einem Insassen zurückgelegt. Um soziale Härten abzufedern, sollten Wegekosten in Härtefällen bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden.

„Natürlich wird man uns wieder vorwerfen, den üblichen „Giftschrank“ aufzumachen“, sagte Messner. Es ist aber die bittere Wahrheit, dass wir im Verkehrssektor viel Zeit verloren haben und daher nun viele Stellschrauben gleichzeitig bewegen müssen, damit die Klimawende noch gelingt.“

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Pkw-Maut auf allen Straßen ab 2030

Damit mehr Menschen vom Auto auf andere Verkehrsmittel umsteigen, müssten der ÖPNV, der Radverkehr und die Schiene mit zusätzlichen Milliarden Euro massiv ausgebaut werden. Ab etwa 2030 solle auch eine Pkw-Maut auf allen Straßen eingeführt werden. „Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut setzt Anreize, Autofahrten zu verkürzen oder ganz einzusparen oder stattdessen auf klimafreundlichere Verkehrsmittel umzusteigen“, heißt es im Papier.

Eine Pkw-Maut würde künftig den größten Beitrag zur Straßenfinanzierung leisten. Dies sei auch nötig, weil eine zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs zu sinkenden Einnahmen durch die Energiesteuer führe. Die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland war 2019 vom Europäischen Gerichtshof gestoppt worden.

(dpa/mars)