Ungarn geht auf IWF zu: Forint auf Rekordtief

Budapest (dpa) - In höchsten Finanznöten geht Ungarn auf den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu. Budapest bemühe sich nun bei der Finanzinstitution um einen mit strengeren Auflagen und Kontrollmöglichkeiten verknüpften Kredit.

Das erklärte der ressortfreie Minister Tamas Fellegi am Donnerstag vor der Presse in Budapest. „Die ungarische Regierung will sich klar für das Erzielen einer Vereinbarung einsetzen“, sagte der Minister.

Die Verhandlungen sollten „ohne Vorbedingungen“ beginnen. Ungarn werde dabei „auf alle Bedenken und Einwände des IWF reagieren und diese gegebenenfalls akzeptieren, wenn dies im Einklang mit den Interessen des Landes steht“. Ziel sei die Gewährung eines sogenannten vorbeugenden Stand-by-Kredits, bei dem die entsprechenden Summen nicht gleich abgerufen werden, sondern als Sicherung dienen. Bislang hatte Budapest einen IWF-Kreditrahmen ohne wesentliche Auflagen angestrebt.

Ungarn hat derzeit große Probleme, seine Staatsschulden zu finanzieren. Der IWF und die Europäische Union sind aber vorläufig nicht dazu bereit, mit Budapest über das benötigte Kreditabkommen zu verhandeln. Der Grund dafür ist, dass der rechts-nationalistische Ministerpräsident Viktor Orban gegen den Rat von IWF und EU jüngst Gesetze im Parlament billigen ließ, die die Unabhängigkeit der ungarischen Notenbank einschränken.

Budapest sieht aber keine Veranlassung, das beanstandete Notenbank-Gesetz zu ändern oder zurückzuziehen. Das am 1. Januar in Kraft getretene Gesetzeswerk „entspricht in vollem Umfang dem EU-Recht“, schrieb Wirtschaftsminister György Matolcsy in einem am Donnerstag vom Ministerium veröffentlichten Brief an EZB-Präsident Mario Draghi. „Die Regierung hat die Unabhängigkeit der Notenbank auch bisher respektiert und wird dies auch in Zukunft tun“, schrieb Matolcsy an Europas obersten Währungshüter weiter.

Die EU-Kommissare werden sich am kommenden Mittwoch bei ihrer wöchentlichen Sitzung mit der umstrittenen Gesetzesreform in Ungarn befassen. Sie werden dabei möglicherweise ein Verfahren wegen der Verletzung der EU-Verträge einleiten, teilte ein Sprecher am Donnerstag in Brüssel mit.

Donnerstagfrüh war der Wechselkurs des Forints auf ein weiteres Rekord-Tief gesunken. Für einen Euro waren auf den Märkten 324 Forint zu bezahlen. Nach der Erklärung Fellegis pendelte sich der Kurs bei 1:322 ein. Am kommenden Mittwoch reist der Minister zu informellen Vorgesprächen mit IWF-Chefin Christine Lagarde nach Washington. Termine für offizielle Gespräche über ein Kreditabkommen liegen keine vor.

Analysten begrüßten am Donnerstag die Erklärung Fellegis. Allerdings müsste Ungarn in weit stärkerem Maße auf die Forderungen von IWF und EU eingehen als bisher. „Der Ball ist nun in unserer Spielhälfte“, zitierte das Internet-Portal „index“ den Raiffeisen-Analysten Adam Keszeg.