Untreue-Prozess: Middelhoff weist alle Vorwürfe zurück

Essen (dpa) - Der frühere Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, wehrt sich heftig gegen die Beschuldigungen, den inzwischen pleitegegangenen Konzern um mehr als eine Million Euro geschädigt zu haben.

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Er weise den Vorwurf der Untreue „grundsätzlich und mit aller Entschiedenheit zurück", sagte der 60-jährige Topmanager am Dienstag vor dem Essener Landgericht. In einer mehr als zweistündigen Erklärung zu Beginn des Strafprozesses warf Middelhoff der Staatsanwaltschaft vor, ihre Ermittlungen gegen ihn seien uferlos und unverhältnismäßig gewesen. „Mir und meiner unternehmerischen Tätigkeit ist großer Schaden zugefügt worden“, sagte er.

Oberstaatsanwalt Helmut Fuhrmann hatte dem Manager bei der Verlesung der Anklage vorgeworfen, den Handelskonzern Arcandor zu Unrecht mit betriebsfremden Kosten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro belastet zu haben. Hauptsächlich geht es um Flüge mit Chartermaschinen und Hubschraubern, die von Arcandor bezahlt wurden, nach Auffassung der Anklagebehörde aber ganz oder teilweise nicht dienstlich veranlasst waren.

So habe sich Middelhoff mehrfach auf Arcandor-Kosten im Charterjet für fast 80 000 Euro nach New York fliegen lassen, sagte der Oberstaatsanwalt. Dabei hätten die Reisen ganz überwiegend dazu gedient, seine Aufgaben als Aufsichtsrat der „New York Times“ wahrzunehmen, nicht dem Firmeninteresse von Arcandor. Kritisch sieht die Ermittlungsbehörde auch eine ganze Reihe von Hubschrauber- und Jetflügen, bei denen sich Middelhoff von seinem Wohnsitz in Bielefeld zum Firmensitz nach Essen oder umgekehrt fliegen ließ.

Die Kosten für die Anreise vom Wohnort zum Arbeitsplatz sei grundsätzlich von jedem Arbeitnehmer selbst zu tragen und auch Middelhoffs Vertrag sehe nichts anderes vor, meinte der Staatsanwalt. Auch eine Festschrift für den Middelhoff-Mentor und früheren Bertelsmann-Chef Mark Wössner - Gesamtkosten von rund 180 000 Euro - hätte nach Auffassung der Ermittler nicht von Arcandor bezahlt werden dürfen. Sie sei ein „persönliches Geschenk“ Middelhoffs an seinen Förderer gewesen.

Middelhoff bezeichnet das Verhalten der Staatsanwaltschaft ihm und seiner Familie gegenüber als „nicht akzeptabel“. Er wolle im Prozess seinen Ruf verteidigen und gegen Vorverurteilungen nicht zuletzt in den Medien kämpfen. Der Manager betonte, er habe überhaupt kein Interesse daran gehabt, Arcandor Privatflüge in Rechnung zu stellen. Denn nach einer Bombendrohung gegen einen von ihm genutzten Linienflug habe die Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz darauf bestanden, dass er künftig auch privat nur noch Charterjets nutze und sie sich zur Übernahme aller Kosten bereiterkläre. Für ihn sei deshalb die Frage, ob ein Termin dienstlich oder privat eingestuft wurde, ein Nullsummenspiel gewesen. Schon wegen seines dichtgedrängten Terminkalender seien Charterflüge außerdem oft unvermeidlich gewesen. Bei der Festschrift für Wössner sei es das Ziel gewesen, Arcandors Image als Sanierungsfall abzustreifen und Zukunftsthemen zu besetzen.

Die Verantwortung für die Pleite des Essener Handelsriesen wies Middelhoff ausdrücklich zurück. Es habe ausreichend Alternativen zu dem von seinem Nachfolger Karl-Gerhard Eick eingeleiteten Planinsolvenzverfahren gegeben, das letztlich mit dem Aus für das Traditionsunternehmen endete - etwa einen Verkauf der Touristiktochter Thomas Cook. Doch was nach seinem Weggang bei Arcandor für Fehler gemachten worden seien, interessiere offenbar nicht. Stattdessen befasse sich die Justiz damit, jeden Flug, den er als Arcandor-Chef gemacht habe, zu überprüfen, klagte Middelhoff.

Das Gericht hat bereits 32 Verhandlungstage bis in den Oktober terminiert. Der Handelskonzern Arcandor hatte vor fünf Jahren Insolvenz anmelden müssen.