US-Kredit verdeckte griechische Krise
Bank verschleierte Milliarden-Hilfe als Devisengeschäft. Mehrheit der Deutschen und Experten gegen Finanzspritze für Athen.
Washington/Brüssel. Die US-Finanzbranche hat Griechenland offenbar geholfen, sein Schuldenproblem jahrelang zu verschleiern. So habe die Bank Goldman Sachs Griechenland kurz nach dessen Beitritt zur Eurozone 2001 einen Milliardenkredit gewährt, der als Devisengeschäft ausgegeben worden sei, berichtete die "New York Times". Das Geschäft sei als Devisenkauf und nicht als Kredit dargestellt worden. So habe Goldman Sachs dazu beigetragen, dass Griechenland dem Anschein nach die Defizitgrenze der Eurozone erfüllte.
Griechenland hat in den vergangenen Jahren Rekordschulden angehäuft, die Neuverschuldungsrate lag zuletzt bei 12,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. In der Eurozone sind maximal drei Prozent erlaubt.
Der Präsident der Eurozone, der luxemburgische Premierminister Juncker, räumte angesichts der falschen Defizitmeldungen Griechenlands gegenüber Brüssel einen "mittelmäßig schweren Unterlassungsfehler" der Eurogruppe ein. Sie werde die Angaben künftig "viel intensiver" prüfen, sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Juncker mahnte eine engere Abstimmung zwischen den 16 Euro-Ländern an.
"Eine Währungszone kann auf Dauer nicht bestehen, wenn die Unterschiede in den Leistungsbilanzen der Volkswirtschaften übergroß werden", sagte er. Zugleich müsse der griechischen Regierung aber klar sein, "dass es ihre ureigene Sache ist, ihren Haushalt in Ordnung zu bringen".
Eine Reform des Stabilitätspaktes und einen Vertragsparagrafen, der einen Ausschluss aus der Eurozone ermöglicht, lehnte Juncker ab. Seiner Ansicht nach hätte "ein Rauswurf erdbebenartige, unkontrollierbare Folgen".
Laut einer Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" plädiert eine Mehrheit der Deutschen von 53 Prozent für einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone, wenn dessen Schuldenberg die Stabilität der Gemeinschaftswährung gefährden sollte. Deutsche Finanzhilfen für Griechenland lehnten laut der Emnid-Umfrage gut zwei Drittel der Befragten ab.
Am Montag werden die Euro-Finanzminister in Brüssel über das Sicherungsnetz für das hoch verschuldete Griechenland sprechen. Im Gespräch sind bilaterale Kredite oder der Aufkauf von griechischen Staatsanleihen, falls diese nicht mehr von den Finanzmärkten aufgenommen werden sollten. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten am vergangenen Donnerstag eine bisher beispiellose Erklärung verabschiedet, wonach Athen im Falle einer akuten Finanzkrise unter die Arme gegriffen werden soll.
Führende Wirtschaftswissenschaftler haben diese Zusage scharf kritisiert. "Dadurch gerät das ganze Gebäude in Schieflage", sagte der langjährige Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing. Griechenland müsse sich selbst helfen. Wirtschaftsprofessor Norbert Berthold von der Uni Würzburg warnte: "Kleine Mitgliedstaaten werden die großen jederzeit erpressen können - ähnlich wie beim Länderfinanzausgleich in Deutschland."