US-Notenbank bremst Geldflut
Washington (dpa) - Verschnaufpause an den Finanzmärkten: Trotz einer Beruhigung an den Brennpunkten großer Schwellenländer bleibt die Nervosität hoch. Angesichts positiver Voraussagen für die US-Konjunktur setzte am Donnerstagnachmittag eine Kurserholung auch an den Börsen in Europa und den USA ein.
Der Dax rettete ein moderates Plus ins Ziel. Der Goldpreis rutschte indes deutlich ab.
Zeitweise fiel der Preis für eine Feinunze (etwa 31 Gramm) um mehr als zwei Prozent auf 1238,50 Dollar. Anfang der Woche hatte das gelbe Edelmetall noch etwa 40 Dollar mehr gekostet und bei rund 1278 Dollar den höchsten Stand seit Mitte Januar erreicht. Der Goldpreis war vor allem wegen der Sorge um die weitere Entwicklung in den Schwellenländern kräftig gestiegen.
Die Türkei, Indien, Brasilien und andere aufstrebende Wirtschaftsnationen setzte eine Kapitalflucht in großem Ausmaß zu, die zu starkem Wertverlust vieler Währungen dieser Staaten geführt hat. Die Schwellenländer stemmen sich mit aller Macht gegen den Abzug des Kapitals, das ihren Wirtschaftsboom in der Vergangenheit stark angeheizt hatte. Am Vorabend hatte die US-Notenbank entschieden, ungeachtet dieser Entwicklung an ihrem Kurs festzuhalten, ihre Geldflut zu bremsen.
Die US-Notenbank Fed teilte am Mittwochabend (Ortszeit) mit, sie werde ihre monatlichen Käufe von langfristigen Staatsanleihen und Immobilienpapieren zum zweiten Mal in Folge um 10 Milliarden Dollar reduzieren. Der Leitzins hingegen bleibe auf dem historischen Tiefstand zwischen Null und 0,25 Prozent.
Die Anleihekäufe sinken damit von insgesamt 75 auf 65 Milliarden Dollar (47,5 Mrd Euro) pro Monat. Experten hatten mit diesen Beschlüssen auf der letzten Sitzung der Fed unter der Leitung des scheidenden Notenbank-Chefs Ben Bernanke gerechnet. Am 1. Februar übernimmt seine bisherige Vize Janet Yellen den Vorsitz.
Die Notenbank erklärte, dass es wahrscheinlich erst einmal bei den Niedrigzinsen bleibe. Dabei richtet sie sich auch nach der US-Arbeitslosenquote mit einem Zielwert von 6,5 Prozent. Derzeit beträgt die Quote 6,7 Prozent. Die Lage auf dem Jobmarkt verbessere sich weiter, sei insgesamt aber noch wechselhaft. Für eine Zinsanhebung sei auch die Inflationsrate maßgebend, die derzeit unter dem Zielwert von 2,0 Prozent liegt. 2013 betrug sie aufs Jahr gerechnet 1,5 Prozent. Der Leitzins befindet sich seit Ende 2008 auf Rekordtief.
Auf die Probleme der Schwellenländer ging die Fed, die allein der US-Konjunktur verpflichtet ist, in ihrer Mitteilung nicht ein. Weil sie ihre Flut des billigen Geldes langsam drosselt, ziehen Investoren in großem Maßstab Mittel aus den Regionen ab, die in den vergangenen Jahren von der Liquiditätsschwemme profitiert hatten. Allein die Aussicht auf einen Schwenk in Washington hatte im letzten Jahr für Turbulenzen an den Finanzmärkten der Schwellenländer gesorgt. Experten erwarten, dass die als „Tapering“ bezeichnete Drosselung auch in den kommenden Monaten weitergeht.
Große Schwellenländer hatten in den vergangenen Tagen zum Teil radikale Maßnahme beschlossen, um gegen die Kapitalflucht und den Kursverfall ihrer Währungen zu kämpfen. Die Türkei verdoppelte ihren Leitzins am Mittwoch auf 10 Prozent, wenig später folgte Südafrika ebenfalls mit einem Zinsschritt. Auch Argentinien, Brasilien, Indien, Indonesien und weitere aufstrebende Staaten, die von der Geldschwemme profitiert haben, stemmen sich gegen die dramatischen Folgen für ihre Wirtschaft. Die zuvor noch boomenden Staaten leiden unter einer starken Verlangsamung ihres Wirtschaftswachstums und steigenden Inflationsraten.