Verbrauchersorgen werden trotz kleiner Preise größer
Zwischen der „offiziellen“ und der „gefühlten“ Teuerungsrate klafft weiterhin eine große Lücke.
Berlin. Die Inflation in Deutschland ist niedrig — so niedrig wie zuletzt vor mehr als vier Jahren. Doch die Wahrnehmung der Menschen ist eine andere: Von allen Problemen aus dem Bereich Wirtschaft beschäftigt die Preisentwicklung die Bundesbürger derzeit am meisten. Jeder zweite sieht sich und seine Familie davon betroffen. Das geht aus einer Studie der Universität Hohenheim und der ING-Diba hervor.
Zwischen der „offiziellen“ Inflation, die das Statistische Bundesamt nach einem repräsentativen Warenkorb berechnet und der „gefühlten Inflation“ klafft eine Lücke. Was ist der Grund dafür?
Bei 0,8 Prozent lag die jährliche Inflationsrate nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juli. Selbst der kräftige Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln, der viel zur „gefühlten Inflation“ beiträgt, kam in den vergangenen Monaten zum Erliegen. Im Juli wurden zwar Molkereiprodukte und Brot teurer. Für Obst und Gemüse mussten die Verbraucher aber zum Teil deutlich weniger als im Vorjahr zahlen. Doch der Studie zufolge sind 42 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass die meisten Produkte teurer werden, ein Viertel hat dieses Gefühl bei ausgewählten Produkten. 17 Prozent der mehr als 1000 Befragten finden sogar, dass alles teurer wird.
„Viele Menschen haben das Gefühl, die Inflation steigt, wenn Produkte teurer werden, die bar bezahlt werden, wie beispielsweise Brötchen“, sagt der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater. Dass Fernseher billiger würden, kompensiere nicht den „Ärger über den Anstieg der kleinen Preise“.
Die Teuerungsrate, die das Statistische Bundesamt monatlich bekanntgibt, ist ein Durchschnittswert, der dem einzelnen Verbraucher und seinem Einkaufsverhalten nicht unbedingt gerecht wird. „Für die Konsumenten sind häufig andere Produkte wichtiger als die im offiziellen Warenkorb für die Inflationsberechnung enthaltenen. Und die Verbraucher gewichten natürlich oft anders“, sagt Claudia Mast, Studienleiterin und Professorin an der Universität Hohenheim.
Die vom Bundesamt ermittelte Rate sei vor allem für Konjunkturexperten wichtig, um festzustellen, ob die Wirtschaft funktioniere, sagt Kater. „Dafür ist sie geeignet und ausreichend“.