Verunsicherung an Börsen hält nach China-Beben an
Frankfurt/Peking (dpa) - Nach einer turbulenten Börsenwoche scheint das Vertrauen an den internationalen Finanzmärkten erst einmal geschwunden.
Das von China ausgehende Beben ebbte am Freitag zwar ab. Der deutsche Leitindex Dax kletterte zwischenzeitlich wieder über die Marke von 10 000 Punkten. Doch dann gewannen die Sorgen um die weltweite Konjunktur wieder Oberhand. Der Leitindex machte zum Handelsschluss mit einem Minus von 1,31 Prozent auf 9849,34 Punkte den Fehlstart ins Jahr perfekt. Der Dax hat damit in den ersten fünf Handelstagen des neuen Jahres den größten Wochenverlust seit August 2011 eingefahren. Das Minus summierte sich auf 8,32 Prozent.
Nicht viel besser lief es an den US-Börsen am Freitag. Ein starker US-Arbeitsmarktbericht gab den Notierungen in New York keinen zusätzlichen Schwung. Zuletzt notierte der Dow Jones Industrial 0,11 Prozent tiefer bei 16 495,58 Punkten. Auf Wochensicht steht für den US-Leitindex ein Minus von mehr als 5 Prozent zu Buche.
Viele Anleger sind nachhaltig verunsichert: Die als „sichere Häfen“ geltenden Anlageformen wie deutsche Staatsanleihen oder Gold sind weiter begehrt. Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar warnte denn auch vor zu viel Optimismus: Hohe Verluste zögen kurzfristig agierende Schnäppchenjäger an. Das sorge für eine Beruhigung, müsse aber keinen nachhaltigen Richtungswechsel bedeuten.
Sorgen über eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft hatten an den Vortagen weltweit die Kurse purzeln lassen. In China selbst wurde der Handel an zwei Tagen in dieser Woche automatisch abgebrochen. Kritiker sahen aber gerade in dieser Notbremse einen Grund für die Verwerfungen. Der Mechanismus wurde nun abgeschafft - entsprechend herrschte Erleichterung. Außerdem legte die Zentralbank in Peking den Kurs für den Yuan (Renminbi) am Freitag höher fest.
Der CSI 300, der die Entwicklung der 300 größten Aktienwerte der Börsen in Schanghai und Shenzhen abbildet, ging mit einem Gewinn von 2 Prozent aus dem Handel. Auf Wochensicht lag er aber mit annähernd 10 Prozent im Minus - das ist die schlechteste erste Woche in der elfjährigen Geschichte des Index.
Der Börsenexperte Dirk Müller erklärte im „Mannheimer Morgen“: „Wir haben in China über 20 Jahre lang einen Boom erlebt, ohne jede Korrektur nach unten. Bei so einem Wahnsinn war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann es endet.“ Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sagte der „Bild“-Zeitung: „Vor allem deutsche Exportunternehmen sind gefährdet, denn Deutschland ist sehr abhängig von Exporten nach China.“
Die Talfahrt an der japanischen Börse ging zwar weiter, aber in deutlich gebremsten Tempo. Die Ölpreise erholten sich zwischenzeitlich, dann fielen sie erneut. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Februar kostete am späten Nachmittag 33,01 US-Dollar. Das waren 71 Cent weniger als am Vortag. Am Donnerstag war der Brent-Preis mit zeitweise mit 32,16 Dollar auf den tiefsten Stand seit April 2004 gefallen. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI fiel am Freitag um 50 Cent auf 32,76 Dollar.
Experten der US-Investmentbank Merrill Lynch trauen dem europäischen Aktienmarkt nach dem Kursrutsch zum Jahresauftakt eine Erholung zu. Bis sich die Lage in China und an den Rohstoffmärkten stabilisiere, dürften die Börsen zwar weiter deutlich schwanken, schrieben die Aktienmarkt-Strategen um James Barty in einer Studie am Freitag. Die Konjunkturerholung sowie die attraktiven Dividenden-Renditen in Europa sollten den europäischen Markt letztlich aber stützen.
Viele Anleger scheinen dem Braten aber nicht zu trauen. So sind deutsche Staatsanleihen am Freitag deutlich im Kurs gestiegen. Der Preis für eine Feinunze Gold (etwa 31,1 Gramm) fiel zwar leicht, hielt sich allerdings über der Marke von 1100 US-Dollar. Seit dem Jahreswechsel hat der Preis damit um rund 40 Dollar angezogen.