Viele Unternehmensprognosen sind falsch
Frankfurt/Stuttgart (dpa) - Trotz der Konjunkturerholung haben im vergangenen Jahr zahlreiche börsennotierte Unternehmen in Deutschland ihre selbst gesteckten Ziele verfehlt und damit ihre Aktionäre verärgert.
Von insgesamt 318 untersuchten Firmen mussten 92 ihre Gewinn- oder Umsatzprognosen kassieren.
Das ist ein Anstieg um 18 Prozent gegenüber 2013, wie die Beratungsfirma EY (Ernst & Young) berichtete. Im Vergleich zum Jahr 2011 stieg die Zahl sogar um 88 Prozent.
Hauptgründe waren 2014 externe Faktoren wie die Konjunkturentwicklung oder ein Nachfragerückgang (42 Prozent). Bei jeder siebten Anpassung wurden Probleme im Russland-Geschäft zur Begründung genannt.
Den Anstieg der Gewinn- und Umsatzwarnungen führte EY-Partner Bernd Richter auf die zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Krisen des vergangenen Jahres zurück. Zudem hätten viele Unternehmen wohl mit einem noch stärkeren Wirtschaftsaufschwung gerechnet.
„Unordnung, Instabilität und Volatilität sind heute nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel“, sagte Richter. „Boom-Phasen und Konjunktureinbrüche wechseln sich immer rascher ab.“ Darauf müssten sich die Unternehmen einstellen.
EY untersuchte alle Mitglieder der Dax-Familie sowie weitere Firmen des sogenannten Prime Standards, für den strenge Veröffentlichungspflichten gelten. Dabei entfielen auf die 30 Börsenschwergewichte im Dax in den vergangenen vier Jahren 27 Gewinnwarnungen. Sie kommen den Angaben zufolge auf einen Schnitt von 0,23 Gewinnwarnungen je Unternehmen und Jahr - mehr als in den anderen Börsensegmenten wie beispielsweise TecDax und SDax.
Vor allem Großkonzerne mit mehr als fünf Milliarden Euro Jahresumsatz mussten demnach ihre Gewinnprognosen häufig nach unten korrigieren. Richter führte dies auf die starke internationale Ausrichtung der Konzerne zurück, die sie anfälliger mache für Turbulenzen in verschiedenen Regionen der Welt.
Deutlich seltener werden den Angaben zufolge Gewinnprognosen übertroffen. „Das zeigt, dass viele Unternehmen bei ihren Planungen zu optimistisch sind“, sagte EY-Experte Martin Steinbach.
Bei Anlegern sorgen die Fehleinschätzungen für Verärgerung. Der Studie zufolge brachen die Aktienkurse der betreffenden Unternehmen am Tag der Gewinnwarnung im Schnitt um acht Prozent ein. Eine Woche später lag der Kurs im Durchschnitt um neun Prozent niedriger als vor der Veröffentlichung der Pflichtmitteilung.
Besonders häufig kassierten laut der Studie in den vergangenen vier Jahren Unternehmen ihre Gewinnprognosen, die Dienstleistungen für Verbraucher anbieten. Am seltensten verfehlten Medien- und Immobilien- sowie Chemie- und Telekommunikationsunternehmen ihre Ziele.