Volkswagen verliert Marktanteile auf brummendem EU-Markt

Brüssel/Wolfsburg (dpa) - Der VW-Konzern hat nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals in Europa spürbar Marktanteile eingebüßt.

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Diese sanken im November im Jahresvergleich um 2,3 Prozentpunkte auf 24,3 Prozent. Vor allem die Pkw-Kernmarke VW büßte an Marktmacht ein. Aber auch Audi, Skoda und Seat gaben im Jahresvergleich Anteile an die Konkurrenz ab. Lediglich Porsche zeigte ein stabiles Bild. Das geht aus den Zulassungszahlen des Herstellerverbandes Acea hervor, die am Dienstag vorgelegt wurden.

Dabei ist Europas Automarkt angesichts von billigem Sprit und niedrigen Zinsen stark wie lange nicht - trotz des Abgas-Skandals beim Branchenprimus. Im November wurden in der Europäischen Union laut Acea mit knapp 1,1 Millionen Autos 13,7 Prozent mehr neu zugelassen als ein Jahr zuvor. Das war der 27. Anstieg in Folge - und der stärkste Novemberwert seit dem Finanzkrisenjahr 2009, wie der deutsche Branchenverband VDA betonte.

Mitte September hatte VW eingeräumt, mit einer illegalen Software die Stickoxidwerte bei Abgasmessungen manipuliert zu haben. Zwar wuchsen die Neuzulassungen von Autos aus dem VW-Konzern im November um 4,1 Prozent auf 263 797, die Konkurrenz legte aber wesentlich kräftiger zu. Die anderen deutschen Hersteller steigerten den Verkauf deutlicher.

Die Manipulationen bei Volkswagen hatten die ganze Autobranche in unruhiges Fahrwasser manövriert, zumal bei VW nach den Stickoxid-Werten auch noch falsche Werte bei den CO2-Emissionen auftauchten - und damit verbunden beim Spritverbrauch.

Als Folge der Vertrauensprobleme für die Branche setzt der VW-Wettbewerber Opel nun auf mehr Transparenz. Ab dem zweiten Quartal 2016 sollen Verbrauch und CO2-Ausstoß nicht nur nach den bisher aktuellen Vorgaben veröffentlicht werden, sondern auch gemäß WLTP („Worldwide Harmonized Lights Vehicles Test Procedures“), wie Opel in Rüsselsheim mitteilte.

WLTP basiert auf strikteren Prüfvorgaben und soll die Fahrbedingungen im Alltag realistischer abbilden. WLTP soll ab 2017 EU-weit gelten. Zudem will Opel vom Sommer 2016 an die Stickoxid-Emissionen seiner Dieselfahrzeuge senken. Umweltschützer hatten im Strudel des Skandals bei VW auch die Rüsselsheimer angeprangert. Opel wies das aber stets zurück und bekräftigte auch am Dienstag, nie manipuliert zu haben.

Die Bemühungen stehen nach Angaben eines Opel-Sprechers nicht im Zusammenhang mit Prüfungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Die Behörde hatte im November mitgeteilt, neben VW auch bei anderen Herstellern erhöhte Abgaswerte gemessen zu haben. Welche Marken betroffen sind, teilte das KBA nicht mit. Der Opel-Sprecher erklärte, dem Autobauer lägen bisher keine Ergebnisse der KBA-Tests vor.

Derweil will sich die Bundesregierung bei einer besseren Kontrolle von Abgaswerten nicht auf unabhängige Prüfdienste verlassen. Nach Informationen der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag) soll das KBA etwa VW weiter auf die Finger schauen — auch über den 2016 anstehenden Rückruf für die betroffenen Diesel hinaus.

Mittelfristig wolle die Bundesregierung auch die Typengenehmigungen von Autos EU-weit vereinheitlichen. Autobauer können die Genehmigung bei den Behörden in Ländern ihrer Wahl beantragen, doch die Standards schwanken laut Kritikern - ein Genehmigungstourismus sei die Folge.

Unterdessen stellen neue Pläne für die Zukunft der VW-Luxuslimousine Phaeton 600 Leiharbeiter in Zwickau vor eine unsichere Zukunft. Die Verträge der 600 Kollegen sollen in zwei Stufen auslaufen, wie der VW-Betriebsrat mitteilte. Er forderte, alternative Aufgaben etwa bei Porsche oder Audi für die Betroffenen zu prüfen.

Der Phaeton bekommt nicht wie ursprünglich geplant einen Nachfolger mit einem Verbrennungsmotor, sondern soll zum Elektroauto-Modell mit Batterieantrieb werden. Das soll laut Konzernkreisen aber frühestens bis zum Jahr 2019 klappen. In Zwickau wird die Karosserie für den Phaeton gefertigt.