VW-Auskünfte in Abgas-Affäre unzureichend?
Brüssel/Berlin (dpa) - Beim Umgang mit seinen Kunden in der Abgaskrise gerät VW auch auf europäischer Ebene stärker ins Visier von Verbraucherschützern. Organisationen aus den meisten Mitgliedstaaten klagten über einen „Mangel an Transparenz“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova.
Der Konzern habe Autofahrer nicht ausreichend informiert, wie Abhilfe geschaffen werden solle, hieß es aus der Brüsseler Behörde. In Deutschland, wo Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nach der Manipulation von weltweit Millionen Dieselwagen Nachtests angeordnet hatte, werden nun erste Modelle auch anderer Autobauer zurückgerufen.
Volkswagen wies die Vorwürfe der EU-Kommissarin als „unbegründet“ zurück. Der Konzern befinde sich in regelmäßigem und konstruktivem Austausch mit den Brüsseler Behörden und Institutionen, betonte ein Unternehmenssprecher.
Der ADAC mahnte, Autofahrer dürften nicht für Versäumnisse anderer bestraft werden. „Um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, müssen Autoindustrie und Politik sicherstellen, dass sich für Verbraucher weder aus der Umrüstung noch aus der Aufarbeitung weitere Nachteile ergeben“, sagte Vizepräsident Thomas Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur. Ein richtiger Schritt wäre es aus seiner Sicht, die Einhaltung aller Vorschriften und Abgaswerte verbindlich zu garantieren. VW hatte bekräftigt, dass sich Leistungs- und Verbrauchsdaten nach dem Rückruf nicht verschlechtern sollen.
Europas größter Autobauer hat zugegeben, die Abgaswerte von Millionen Dieselautos mit einer verbotenen Software geschönt zu haben. In Deutschland muss sie aus 2,4 Millionen Fahrzeugen entfernt werden. Ein erster großer Teil des Rückrufs hatte bereits im Frühjahr beginnen sollen, musste aber verschoben werden.
Die EU-Kommission hatte Verbraucherschutz-Organisationen im Juli aufgefordert, Berichte zum Umgang mit dem Skandal einzureichen. Am Donnerstag will Jourova nationale Verbraucherschützer treffen, für den 29. September sind Gespräche mit Aufsichtsbehörden aus den EU-Ländern geplant. Auch ein erneutes Treffen mit VW-Vertretern sei auf Wunsch des Unternehmens in Vorbereitung, hieß es.
Der ADAC forderte, Abgas-Manipulationen müssten künftig bestmöglich ausgeschlossen werden. Man brauche Sanktionsmöglichkeiten bei begangenen Verstößen. Dobrindt sagte dem „Focus“, es seien „harte Konsequenzen“ gezogen worden, indem VW alle Fahrzeuge gesetzeskonform umrüsten müsse. Zu Kritik, dass nur US-Kunden Entschädigung erhalten, bekräftigte er, dass es in Deutschland ein anderes Rechtssystem gebe.
Konzernchef Matthias Müller hatte Anfang vergangener Woche berichtet, die Aufarbeitung der Abgas-Affäre binde nach wie vor viele Ressourcen beim größten europäischen Autobauer. Mit Blick auf die Information der Kunden in Deutschland räumte er im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten ein, dass man auch auf nichtbetroffene VW-Fahrer stärker hätte zugehen und diese anschreiben müssen: „Das war ein Fehler. An der Stelle müssen wir einfach besser werden.“
Die „freiwilligen“ Abgas-Nachbesserungen für bis zu 630 000 Autos auch anderer deutscher Hersteller gehen derweil an den Start. Als ersten Schritt gab das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Umrüstung des Geländewagens Macan von Porsche frei, teilte das Verkehrsministerium mit. Ziel ist es, dass die Abgasreinigung dieser Autos bereits ab fünf Grad Celsius Außentemperatur in vollem Umfang arbeitet - und nicht wie bisher erst bei über 17 Grad. Dies soll auch bei Modellen des Typs greifen, die künftig zugelassen werden.
Hintergrund sind Nachmessungen des KBA im Zuge des VW-Skandals. Dabei ergaben sich bei 22 von 53 getesteten Wagen mehrerer Hersteller Zweifel, ob ein Herunterregeln der Abgasreinigung bei niedrigeren Temperaturen mit dem Motorschutz zu begründen ist. Die deutschen Hersteller sagten Nachbesserungen im Rahmen von „Serviceaktionen“ zu.
Bei der VW-Tochter Audi erstreckt sich dies auf etwa 60 000 Fahrzeuge in Europa, wie ein Sprecher sagte. „Bei allen Modellen wird die Abgasregelung bei niedrigeren Außentemperaturen geändert.“ Der Stuttgarter Rivale Daimler teilte mit, für die Einsteigermotoren von A-, B-, CLA- und GLA-Klasse - sie kommen vom Partner Renault - wolle man zum Ende des Jahres die Aktion anbieten. Letzte Details mit dem KBA würden dazu abgeklärt. Auch Opel wartet auf die Rückmeldung der Behörde, der man alle nötigen Auskünfte fristgemäß vorgelegt habe.