WamS: Machtkampf bei Deutscher Bank fast entschieden
Berlin/Frankfurt (dpa) - Die Entscheidung über die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann scheint gefallen: Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ sollen Investmentbanker Anshu Jain und Deutschlandchef Jürgen Fitschen Co-Chefs der größten deutschen Bank werden.
Wie die Zeitung nach eigenen Angaben aus dem Umfeld des Aufsichtsrats der Deutschen Bank erfuhr, wird der Nominierungsausschuss dem Präsidium des Aufsichtsrats aller Voraussicht nach Jain und Fitschen als Doppelspitze vorschlagen. Ein Banksprecher wollte sich am Sonntag auf Nachfrage nicht zu dem Bericht äußern. Er verwies darauf, dass die Suche nach einem Nachfolger Aufgabe des Aufsichtsrates ist. Dieser werde zu gegebener Zeit einen Nachfolger benennen.
Die Zeitung berichtete, Clemens Börsig solle Aufsichtsratschef bleiben. Sein Mandat läuft bis 2013. Damit hätte sich Börsig mit seinem Vorschlag durchgesetzt. „Es geht nicht mehr um das Was, sondern nur noch um das Wie“, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person dem Blatt.
An diesem Sonntag sollte sich unbestätigten Berichten zufolge die Findungskommission der Bank treffen, zu der neben den Aufsichtsräten Börsig, Werner Wenning und Tilman Todenhöfer auch Ackermann gehört. Börsig wollte laut Medienberichten mit dem Vorschlag in die Sitzung gehen, Jain und Fitschen als Doppelspitze zu installieren. Immer wieder genannt wurden aber auch Risikovorstand Hugo Bänziger und Privatkundenchef Rainer Neske.
Offen war dem Vernehmen nach zunächst die Frage, wann genau der Führungswechsel stattfinden soll, berichtete die „Welt am Sonntag“. Der Vertrag von Josef Ackermann läuft noch bis 2013. Es gelte jedoch als ausgeschlossen, dass er noch solange auf seinem Posten bleibe. Auch der zuletzt ins Spiel gebrachte Wechsel an die Spitze des Aufsichtsrats gelte inzwischen als unwahrscheinlich, schrieb die Zeitung.
Es gehe darum, die Situation in Vorstand und Aufsichtsrat der Bank möglichst schnell zu befrieden, heißt es nach Angaben der Zeitung im Aufsichtsrat. Ackermanns Werben für den früheren Bundesbankpräsidenten Axel Weber und die öffentlichen Angriffe auf den amtierenden Vorsitzenden Börsig, die dem Schweizer angelastet würden, hätten für einen Vertrauensverlust unter den Führungskräften gesorgt. Intern wird Börsig angelastet, dass Weber die UBS der Deutschen Bank vorzieht.
Die offizielle Entscheidung über die Nachfolge müsse noch getroffen werden, und auch eine plötzliche Wende im Machtkampf schlössen eingeweihte Personen nicht völlig aus, schrieb das Blatt. In den nächsten Tagen würden noch Gespräche geführt. Nach dem Nominierungsausschuss müsse das Präsidium des Aufsichtsrats eingeschaltet werden. Anschließend werde voraussichtlich schnell eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen. Wie die „Welt am Sonntag“ aus Arbeitnehmerkreisen erfuhr, stehen wichtige Belegschaftsvertreter hinter Börsigs Vorschlag.
Besonderen Wert legten die Mitglieder des Nominierungsausschusses darauf, dass Ackermann durch die Personalentscheidungen nicht beschädigt werde. „Seine Verdienste um die Bank sind groß und unumstritten. Dies gilt es zu würdigen“, sagte ein Aufsichtsrat.
Die Aktionäre kritisierten den Machtkampf. „Das bisherige Vorgehen schadet nicht nur möglichen Kandidaten, sondern insbesondere auch dem Unternehmen Deutsche Bank“, sagte Hans-Christoph Hirt von „Hermes Equitiy Ownership“ in London der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Hermes versammelt dem Bericht zufolge mehr als 20 große Pensionsfonds mit einem Vermögen von 90 Milliarden Euro hinter sich.