Warnstreik bei Lufthansa: Hunderte Flugausfälle und wenig Chaos
Frankfurt/Main (dpa) - Auf den größeren deutschen Flughäfen ging am Donnerstagvormittag kaum noch was: Mit einem Warnstreik tausender Lufthanseaten hat die Gewerkschaft Verdi große Teile des deutschen Luftverkehrs lahmgelegt.
Die bestreikte Lufthansa hatte bereits am Vortag nach der Ankündigung knapp 700 Flüge zu innerdeutschen und europäischen Zielen gestrichen. Das Chaos hielt sich wegen der langen Vorwarnzeit in Grenzen, da nur wenige Passagiere ohne Informationen an die bestreikten Flughäfen kamen. Die meisten Interkontinentalflüge fanden laut Lufthansa aber statt.
Als sich am Mittag die Situation wieder normalisierte, war sich die Gewerkschaft sicher, vor der für Freitag geplanten Tarifverhandlung einen unmissverständlichen Warnschuss abgegeben zu haben. Das Lufthansa-Management müsse seine Sparvorgaben zurücknehmen, verlangte Verdi-Chef Frank Bsirske vor etwa 4000 Gewerkschaftern in Hamburg.
Verdi fordert für die rund 33 000 Beschäftigten 5,2 Prozent mehr Geld und Schutz vor Entlassungen. Lufthansa hatte hingegen von den Arbeitnehmern Nullrunden und längere Arbeitszeiten angemahnt. „All das, was uns wichtig ist, ist für den Vorstand ein rotes Tuch“, schimpfte Bsirske. „Das ist ein Programm des erklärten Lohnraubs, ein Programm des Frontalangriffs.“ Der Verdi-Chef drohte mit weiteren Protesten, sollte sich der Konzern im Tarifstreit nicht bewegen. „Wer uns nicht ernst nimmt, kriegt uns danach ernsthaft zu spüren.“
Lufthansa wollte sich zum Fortgang der Verhandlungen nicht äußern, für die bereits eine dritte Runde am 17. April verabredet ist. Die Gespräche fänden am Verhandlungstisch und nicht in der Öffentlichkeit statt, sagte ein Sprecher. Das Unternehmen sieht sich zudem als Opfer zahlreicher Streiks, die es häufig gar nicht selbst zu verantworten habe.
Der Sprecher verwies auf die Ausstände von Personenkontrolleuren, Vorfeldaufsehern oder auch Fluglotsen. Diese Arbeitskämpfe bei Flughafenbetreibern oder der Flugsicherung habe Lufthansa nicht beeinflussen können, sei aber regelmäßig stark in Mitleidenschaft gezogen worden. „Das schlägt immer voll auf uns durch. Wir stehen dann mit tausenden Betroffenen im Rampenlicht.“
Zentren des Warnstreiks waren die Flughäfen in Frankfurt und Hamburg, an denen allein rund 6000 Verdi-Mitglieder an den Aktionen teilnahmen. Auch in Berlin, München, Düsseldorf und Köln legten Gewerkschaftsmitglieder die Arbeit nieder. Nach Angaben der Frankfurter Lufthansa-Zentrale waren mehr als 670 von rund 1800 für diesen Tag geplanten Verbindungen gestrichen worden. Die Flugabsagen reichten bis in den Nachmittag, weil einzelne Umläufe der Jets gestört waren.
Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle erwartet von den Verhandlungen in Seeheim-Jugenheim bei Frankfurt keine schnellen Ergebnisse. Am Freitag werde man zunächst über Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung sprechen und nicht über Entgelte, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Mit ihrem harten Kurs gegen die Beschäftigten stelle die Lufthansa den Erfolg ihres Sparprogramms „Score“ in Frage. „Für solche Programme braucht man Leute, die das mitmachen. Das ist jetzt gekippt.“ Lufthansa hatte den frühen Warnstreik als „völlig überflüssig und unverhältnismäßig“ bezeichnet. Im Programm „Score“ ist der Abbau von 3500 Arbeitsplätzen vorgesehen.
Einige Reisende hatten am Donnerstag trotz aller Hinweise nichts von den Flugausfällen mitbekommen und mussten sich in die langen Schlangen an den wenigen geöffneten Schaltern in Hamburg und Frankfurt anstellen. Sie wurden von Service-Kräften unter anderem mit Getränken und Liegestühlen versorgt. Für die abgesagten Inlandsflüge konnten die Passagiere auf die Bahn ausweichen. Besser erging es der deutschen Fußball-Nationalmannschaft: Ihre Lufthansa-Sondermaschine hob am Vormittag planmäßig von Frankfurt zum WM-Qualifikationsspiel nach Kasachstan ab.