Weltbank und IWF sehen Weltwirtschaft stark gefährdet

Peking/Washington (dpa) - Weltbankpräsident Robert Zoellick schlägt angesichts von Schuldenkrise und abflauender Konjunktur Alarm: Für die globale Wirtschaft besteht das Risiko, „in diesem Herbst in eine neue Gefahrenzone“ zu rutschen, sagte er am Samstag auf einer Konferenz in Peking.

Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, befürchtet eine deutliche Abkühlung der weltweiten Konjunktur und warnt gar vor einem Rückfall in die Rezession. Über den Sommer habe der IWF eine neue Vertrauenskrise festgestellt, die die wirtschaftliche Lage weltweit belaste, sagte Lagarde dem „Spiegel“.

Deshalb müssten Maßnahmen ergriffen werden, „um eine drohende Abwärtsspirale abzuwenden“. Lagarde plädierte dafür, „dass die Länder ihren Sparkurs anpassen und wachstumsfördernde Maßnahmen ins Auge fassen“.

Sie forderte die Bundesregierung auf, für den Fall eines neuerlichen Wachstumseinbruchs ein Konjunkturprogramm aufzulegen. „Wenn der Export, auf dem das deutsche Wirtschaftsmodell beruht, einbricht, dann könnte die Bundesregierung gegensteuern“, sagte die Französin. Wenn Deutschland seine Binnennachfrage belebe, sei das gut für die deutsche Wirtschaft und die der Nachbarländer. Spielraum für konjunkturstützende Maßnahmen sei vorhanden.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht trotz der dramatischen Schuldenkrise in Europa und den USA derzeit aber keine Rezessionsgefahr. „Das Konjunkturklima hat sich ein Stück weit abgekühlt, das ist gar keine Frage. Rezessionsängste sind momentan aber nicht angebracht“, sagte Rösler der Nachrichtenagentur dpa.

Unterstützung bekam der FDP-Politiker aus der Wirtschaft. Bosch-Chef Franz Fehrenbach warnte in der „Wirtschaftswoche“ davor, den Aufschwung kaputtzureden. „Von einer Rezession sind wir weit entfernt. Ich warne eindringlich davor, durch verbale Übertreibungen und panische Bremsreaktionen eine Rezession herbeizureden.“

„Die Finanzkrise in Europa ist eine Staatsschuldenkrise geworden, die ernste Auswirkungen auf die Währungsunion, Banken und die Wettbewerbsfähigkeit einiger Staaten hat“, sagte Zoellick in einer Rede bei dem Wirtschaftstreffen, das sich mit den künftigen Herausforderungen für China beschäftigte. „Mein Land, die Vereinigten Staaten, muss die Probleme mit seinen Schulden, den Ausgaben, der Steuerreform zur Förderung des Privatsektors und einer festgefahrenen Handelspolitik anpacken.“

Am Freitag hatten schlechte Nachrichten vom US-Arbeitsmarkt die Börsen erneut auf Talfahrt geschickt. „Wenn die Konjunkturaussichten ungewiss sind, stellen Firmen niemanden ein“, sagte die Ökonomin Ellen Zentner der Fachagentur Bloomberg. „Aussagen, dass wir uns am Rande einer Rezession bewegen, sind nicht ganz ohne Substanz.“

Das Weiße Haus geht davon aus, dass die US-Wirtschaft 2011 insgesamt lediglich um 1,7 Prozent zulegt. Im Februar waren noch 2,7 Prozent vorhergesagt worden.

Zoellick betonte, in einer globalen Wirtschaft hätten die Entscheidungen, die in Europa, den USA und auch in China getroffen werden, Auswirkungen auf alle. Politiker müssten nicht nur kurzfristig denken, sondern auch Entscheidungen über die mittel- und langfristigen Motoren für Wachstum und Innovation treffen.

Als Wirtschaft mit derzeit Einkommen im oberen Mittelfeld sei China in einer guten Ausgangslage, in den nächsten 15 bis 20 Jahren zu den Ländern mit hohen Einkommen aufzuschließen, sagte Zoellick. Das Land könne sich in Zukunft aber nicht mehr auf das alte, durch Export und Investitionen getriebene Wachstumsmodell stützen.

Der seit diesem Jahr geltende neue Fünf-Jahres-Plan für China konzentriere sich schon auf strukturelle Reformen, um Innovation und wirtschaftliche Effizienz zu fördern, sowie einen Ausbau der heimischen Nachfrage und eine Verringerung der Einkommenskluft. China müsse den Plan jetzt auch in konkretes Handeln umsetzen, sagte der Weltbankpräsident. Die neuen Herausforderungen erfolgten in einem internationalen Umfeld mit einer Verlangsamung des Wachstums und einer Schwächung des Vertrauens in die Weltkonjunktur.