Widerstand gegen strengere Kapitalregeln für Finanzhäuser
Berlin (dpa) - Der geplante Start neuer Eigenkapitalvorschriften für Banken und Versicherungen gerät zusehends auf die lange Bank. Gegen die neuen globalen Regeln für Banken („Basel III“) formiert sich in den USA immer deutlicher Widerstand.
Und auch beim einem vergleichbaren EU-Regelwerk für Versicherungen („Solvency II“) wird der ursprünglich angepeilte Starttermin nicht zu halten sein. „Wir sollten Basel III in seiner aktuellen Form aufgeben“, sagte der Vize-Chef der US-Bankenaufsicht FDIC, Thomas Hoenig, dem „Handelsblatt“ (Montag). Die Regeln seien zu komplex und würden die Banken einladen, die Vorgaben auszuhebeln. „Ich möchte Europa ermutigen, die Einführung von Basel III zu modifizieren.“ Wann „Basel III“ in der EU endgültig beschlossen wird, ist ebenfalls noch offen.
Nach Einschätzung der Bafin-Chefin Elke König verzögert sich auch der Start von „Solvenvy II“. Die Einführung der Regeln sei für das Jahr 2014 jedenfalls vom Tisch, sagte die Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Frankfurt. Realistischer sei eine Einführung im Jahr 2016, vielleicht werde es sogar 2017. Die neuen Aufsichts- und Eigenkapitalregeln sollen die Versicherer zwingen, für eingegangene Risiken fest vorgegebene Eigenkapitalquoten zu erfüllen. Während die großen deutschen Unternehmen der Branche die neuen Regeln im Grundsatz begrüßen, üben sie intensive Kritik im Detail.
Damit verzögern sich aller Voraussicht nach Kernelemente der nach der Finanzkrise 2007/08 angeschobenen Finanzmarktreformen. Die neuen Eigenkapitalregeln sollen dafür sorgen, dass Finanzhäuser in Krisenlagen nicht mehr so schnell in die Knie gehen.
Nach den „Basel-III“-Regeln, die schrittweise von 2013 bis 2019, eingeführt werden sollen, müssen Banken ihre Kreditgeschäfte mit mehr eigenem Kapital von besserer Qualität absichern. Vermieden werden soll damit, dass abermals Steuerzahler mit Milliarden einspringen müssen, wenn eine Bank ins Wanken gerät. Die Top-Wirtschaftsmächte (G20), also auch die USA, hatten sich Ende 2010 verpflichtet, „Basel III“ ab 2013 anzuwenden. Die Vorgängerrichtlinien „Basel I“ und „Basel II“ waren in den USA allerdings nicht oder nur in Teilen umgesetzt worden. US-Regulierer Hoenig zufolge könnten die USA ausscheren und einen Alleingang unternehmen. „Man muss das Richtige tun. Das ist letztlich wichtiger als alle an Bord zu haben und mit einem Rahmenwerk zu leben, das nicht funktioniert“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die FDIC ist allerdings in den USA nicht die einzige Institution, die an der Realisierung des Projektes beteiligt ist.
An den Börsen gehörten Bankaktien am Montag europaweit zu den Favoriten. Sie profitierten dabei auch von einem möglichen Kippen der Kapitalregeln Basel III.
Die Bundesregierung geht bislang davon aus, dass die USA „Basel III“ im kommenden Jahr einführen werden - allerdings mit Verzögerung. Ein Inkrafttreten von „Basel III“ in den USA zum 1. Januar 2013 gilt aber als unwahrscheinlich, weil die Regelungsvorschläge überarbeitet werden.
Auf scharfe Kritik stößt die US-Linie in der europäischen Kreditwirtschaft. „Es kann nicht sein, dass man fünf vor zwölf wieder so eine Diskussion vom Zaun bricht“, sagte der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, am Montag in Frankfurt.