WTO: Eurokrise bremst Welthandel
Genf (dpa) - Die Krise der meisten europäischen Volkswirtschaften wird nach Ansicht von Experten auch 2013 das Wachstum des Welthandels erheblich bremsen.
Nach einem vor allem durch Europa verursachten Rückgang des Wachstums auf nur 2 Prozent im Jahr 2012 könne für dieses Jahr jedoch wenigstens ein Plus von 3,3 Prozent erwartet werden, erklärte die Welthandelsorganisation (WTO) am Mittwoch in Genf. Damit korrigierte sie jedoch frühere Prognosen von 4,5 Prozent erneut deutlich nach unten.
Zugleich liegen die Erwartungen für das Handelswachstum damit einmal mehr klar unter dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte von rund 5 Prozent. Für Deutschlands weist der Welthandelsbericht 2012 der WTO zwar einen Rückgang aus, jedoch steht die Bundesrepublik im Vergleich immer noch gut da. Die Exporte Chinas und der USA nahmen hingegen zu.
Das Handelswachstum 2012 lag damit noch 0,5 Prozentpunkte unter der WTO-Vorhersage im September 2012 von 2,5 Prozent, kurz zuvor hatte die Handelsorganisation sogar ein Plus von 3,7 Prozent erwartet. Schuld am unterdurchschnittlichen Ergebnis sind nach Einschätzung der WTO maßgeblich „der wirtschaftliche Rückgang in Europa“ sowie insbesondere „die wiederkehrenden Perioden von Unsicherheit hinsichtlich der Zukunft des Euro“.
„Dabei erweist sich Deutschlands Volkswirtschaft im Vergleich weiter als relativ widerstandsfähig“, sagte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy bei der Vorstellung des Berichts in Genf. Der Rückgang im Rest der Eurozone hat sich den WTO-Daten zufolge jedoch intensiviert. „Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass die europäischen Volkswirtschaften in der ersten Hälfte von 2013 noch schwach bleiben, bevor sie Ende des Jahres an Stärke zunehmen“, heißt es in dem Bericht. Erst 2014 könne ein robusteres Wachstum erwartet werden.
Die verbesserten Aussichten der Wirtschaft in den USA könne die Schwächen Europas allerdings nur teilweise ausgleichen. Anhaltendes Wachstum in China bleibe zwar eine Stütze des Welthandels, seine Exporte litten jedoch weiterhin durch die vergleichsweise schwache Nachfrage in Europa.
Die Schwäche Europas fiel besonders angesichts seines mit 36 Prozent stärksten Anteils am gesamten Welthandel ins Gewicht. Europas Exporte gingen laut WTO 2012 insgesamt wertmäßig um 4 Prozent auf 6,37 Billionen US-Dollar (4,9 Billionen Euro), zugleich sanken die Importe um 6 Prozent auf 6,62 Billionen Dollar. In allen anderen Weltregionen stiegen hingegen die Ex- und Importe.
Deutschlands Anteil am weltweiten Handel mit Waren sank demnach wertmäßig bei den Exporten um 5 und bei den Importen 7 Prozent. Exportweltmeister im Warenhandel bleibt China mit einem Zuwachs seines Anteils um 8 Prozent, gefolgt von den USA (plus 5 Prozent) sowie Deutschland auf dem dritten Rang. Danach folgen bei den Exporten - jeweils mit leicht rückläufigen Summen im Vergleich zu 2011 - Japan, die Niederlande, Frankreich, Südkorea, Russland, Italien und Hongkong.
Die größten Zuwächse im Welthandel erwartet Lamy außerhalb Europas. „90 Prozent des Zuwachses bei der Nachfrage nach europäischen Waren und Dienstleistungen werden dabei in den nächsten Jahren von Volkswirtschaften außerhalb Europas kommen“, sagte der WTO-Chef. „Damit ist klar, wohin sich die Europäer wenden müssen.“
Positiv fällt die Entwicklung in Afrika auf: Nach erheblichen Rückschlägen im Jahr 2011 - unter anderem aufgrund des Konflikts in Libyen - habe Afrika 2012 mit einem Plus bei den Gesamtexporten von 6,3 Prozent das stärkste Wachstum aller Weltregionen erreicht. Der Zuwachs in Asien betrug insgesamt nur 2,8 Prozent trotz einer Zunahme der Gesamtexporte Chinas um 6,2 Prozent. Der Zuwachs Nordamerikas von 4,5 Prozent wurde hauptsächlich durch das Plus allein der USA um 4,1 Prozent möglich.