Yahoo feuert Chefin per Telefon
Wird die Konkurrenz durch Google zu groß? Gerüchte um Verkauf des schwächelnden IT-Unternehmens.
Sunnyvale. Sie kam als große Hoffnungsträgerin — und wurde jetzt so hart rausgekegelt wie selten ein Konzernchef in ihrer Liga: Die Zeit von Carol Bartz an der Yahoo-Spitze ist vorbei. Sie sei per Telefon gefeuert worden, schrieb die 63-Jährige in einer kurzen Abschiedsmail an alle Mitarbeiter.
Bartz war es in zweieinhalb Jahren nicht gelungen, das Kernproblem des Internet-Pioniers zu lösen: Yahoo hat zwar hunderte Millionen Nutzer, aber schafft es nicht, damit ordentliches Geld zu verdienen.
In der Branche wird Yahoo mit Mitleid betrachtet — das Schlimmste, was einem IT-Unternehmen passieren kann. „Für mich ist die Entwicklung bei Yahoo schon fast ein Drama“, sagt etwa der Münchener Internet-Unternehmer Mario Grobholz.
Das einst so innovative Yahoo-Angebot Flickr sei zu einer bloßen Foto-Hosting-Plattform verkommen, während Newcomer wie Instagram für Furore sorgten. „Und wenn man ein Produkt wie Delicious verkauft, deutet das auf Resignation hin.“
Delicious, der 2005 gekaufte Dienst für die Verwaltung von Internet-Lesezeichen, wurde Ende April an Investoren um die YouTube-Gründer Chad Hurley und Steve Chen abgetreten.
„Bei Innovationen denkt niemand mehr an Yahoo“, sagt Grobholz, der als Gründer der myON-ID Media GmbH Angebote zum Reputationsmanagement wie ruflotse.de entwickelt.
Der Abwärtstrend bei Yahoo setzte einige Jahre vor der Übernahme des Chefsessels durch Carol Bartz ein. Während Konkurrent Google rund um seine Suchmaschine einen neuen Internet-Dienst nach dem anderen aus dem Hut zauberte, kam von Yahoo nicht viel mehr als ein Lifting für das Webmail-Angebot.