Zwischen Bangen und Hoffen bei Neckermann.de
Frankfurt/Main (dpa) - Das Schicksal des angeschlagenen Versandhändlers Neckermann.de mit seinen 2400 Arbeitsplätzen steht auf Messers Schneide. „Das Unternehmen ist jetzt am Zug, ich wage nicht vorauszusehen, was das Unternehmen machen wird“.
Das sagte Betriebsrat Thomas Schmidt am Donnerstag. Neckermann.de hatte am Mittwoch mitgeteilt, die Verhandlungen über den geplanten Abbau von 1380 Stellen in den Einigungsstellen seien gescheitert. Wie es weitergehen soll, ließ das Unternehmen auch am Donnerstag zunächst offen.
Der Eigentümer, der US-Finanzinvestor Sun Capital, hielt sich zunächst ebenfalls bedeckt. „Der Investor möchte sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu den noch laufenden Gesprächen äußern“, sagte eine Sprecherin. Die Gewerkschaft Verdi und der Betriebsrat verlangen Abfindungen für die von Kündigung bedrohten Mitarbeiter. Betriebsrat Schmidt erklärte, man habe einen Kompromiss angeboten: „Aber wir können uns nicht zur Unkenntlichkeit verbiegen.“ Das Unternehmen sieht dagegen keinen finanziellen Spielraum für Abfindungen.
Der Versandhändler will den Eigenhandel mit Textilien sowie das Frankfurter Zentrallager aufgeben. Im April hatte Sun Capital die Bereitschaft signalisiert, weitere 25 Millionen Euro in das Unternehmen zu investieren - allerdings nur, wenn alle Beteiligten bei der Sanierung an einem Strang zögen.
Der Versandhändler sieht nun bei einem Stellenabbau das Risiko von Kündigungsschutz- und Abfindungsklagen. Diese Klagen seien finanziell nicht kalkulierbar und gefährdeten die Existenz des Unternehmens. Mögliche Co-Investoren würden durch das Risiko abgeschreckt. Kündigungsschutzklagen gelten auch als ein Grund für den endgültigen Zusammenbruch des Drogeriekonzerns Schleckers.
Nach Angaben von Gewerkschaft und Betriebsrat hat die Einigungsstelle den bestehenden Sozialplan für die Beschäftigten der Verwaltung einschließlich der Abfindungen für wirksam erklärt. In der Verwaltung sind den Angaben zufolge gut 500 Beschäftigte vom Stellenabbau betroffen.
„Es ist nichts Bedrohliches passiert, der geltende Sozialplan wurde bestätigt“, sagte Verdi-Handelssekretär Wolfgang Thurner. Zwei weitere Verfahren - für die Logistik und den Kundenservice - seien noch gar nicht entschieden. „Wir haben nichts scheitern lassen. Wir erwarten, dass das Unternehmen jetzt ein Angebot vorlegt“, sagte Thurner.
Die einstige Ikone des deutschen Wirtschaftswunders, die nach Einschätzung von Beobachtern zu spät ins Internetgeschäft einstieg, hat Besitzerwechsel, die Pleite des früheren Mutterkonzerns Arcandor und mehrere Runden Stellenabbau hinter sich.