Chemiebranche spürt Schuldenkrise
Frankfurt (dpa) - Die erfolgsverwöhnte deutsche Chemieindustrie bekommt allmählich die Folgen der Euro-Schuldenkrise zu spüren. Im ersten Halbjahr sank die Produktion im Vergleich zum starken Vorjahr um 4,0 Prozent.
Dennoch will Deutschlands drittgrößter Industriezweig im Gesamtjahr weiterhin das hohe Produktionsniveau des Rekordjahres 2011 erreichen, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Donnerstag in Frankfurt am Main mitteilte. Die Entwicklung der Branche gilt als Grundstofflieferant als ein wichtiger Frühindikator für die Gesamtkonjunktur.
Wegen höherer Preiserwartungen für Chemikalien erhöhte der VCI sogar die Umsatzprognose. Statt eines Wachstums von einem Prozent erwartet die Branche nun für 2012 ein Plus von zwei Prozent auf rund 188 Milliarden Euro. „Unsere Branche hat sich in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld alles in allem gut behauptet“, sagte Verbandspräsident Klaus Engel.
Zunehmend Sorge bereitet den Unternehmen aber das Europageschäft. „Für das kommende Halbjahr haben sich die Geschäftserwartungen der Branche nach zahlreichen Negativmeldungen aus dem Wirtschaftsraum der EU zuletzt wieder eingetrübt“, sagte Engel. Die Rezession erfasse die industriellen Kunden in Spanien, Italien, England und zunehmend auch in Frankreich. Die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen sinke.
Die Hoffnungen der Branche ruhen daher vor allem auf dem Inlandsgeschäft, wie Engel sagte. Die deutsche Industrie, der mit Abstand wichtigste Kunde, werde auch in diesem Jahr die Produktion ausweiten. Der Inlandsabsatz dürfte also leicht zulegen. Zum anderen steige die Chemienachfrage auf den Auslandsmärkten in Übersee weiterhin, auch wenn sich die Wachstumsraten inzwischen abschwächten. Von diesen Wachstumsregionen könne die deutsche Chemie profitieren, zumal der nach wie vor schwache Euro die Wettbewerbsfähigkeit auf diesen Märkten zusätzlich verbessere, erklärte Engel.
Im ersten Halbjahr sank der Umsatz leicht um 0,5 Prozent auf 89,2 Milliarden Euro. Während die Inlandsumsätze um 0,5 Prozent zulegten, schrumpfte der Auslandsumsatz um 1,0 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten stieg um zwei Prozent auf 437 000 Mitarbeiter.