Auf Schleichwegen: Wie Urlauber die Maut umgehen
Stuttgart (dpa) - Um Maut zu sparen, fahren viele Urlauber auf Umwegen zu ihrem Ziel. Besonders gerne werden die Fernstraßengebühren in Österreich und der Schweiz umkurvt - zum Ärger der betroffenen Gemeinden.
Im österreichischen Kufstein wird wohl kaum einer lobende Worte für die Maut finden. Denn immer wieder nutzen Autofahrer die Strecke durch das Tiroler Städtchen, um sich das „Pickerl“ für die Nutzung der Autobahnen zu sparen. Nach Aussagen des Auto Clubs Europa (ACE) in Stuttgart ist Kufstein der absolute „Klassiker“, wenn es ums Meiden der Maut geht.
An der Ausfahrt lenken viele Fahrer ihren Wagen auf die Abbiegespur, um sich über Kufstein und den oberbayerischen Nachbarort Kiefersfelden auf Bundes- und Landstraßen zu schleichen. Beide Orte leiden stark unter dem Transitverkehr. Auch am Arlberg-Tunnel im Westen Österreichs wird gerne gespart. Hier verlassen viele Autofahrer die Schnellstraße und umkurven sie über die Landstraße.
Ähnlich wie in Kufstein sieht es in der Grenzregion am Bodensee aus. Damit sie die Gebühr für die österreichischen Fernstraßen nicht zahlen müssen, machen viele einen Schlenker über die kleinen Gemeinden Hard und Höchst, um in die Schweiz zu kommen. Vor allem bei Italien-Urlaubern wird diese Route häufig genutzt.
Die vorbeifahrenden Autokolonnen seien eine Belastung, sie brächten Lärm und Schmutz, beklagt der Kufsteiner Bürgermeister Martin Krumschnabel. Abgesehen von den Tankstellen profitiere die Wirtschaft im Gegenzug überhaupt nicht von dem Transitverkehr.
Die bevorstehenden Sommerferien machen ihm ernste Sorgen. Seit Änderungen der Vignettenkontrollen im vergangenen Jahr würden die Autos wieder verstärkt durch den Ort fahren, sagt Krumschnabel. In den kommenden Monaten sei mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen.
Auch den Kauf einer Schweizer Jahresvignette vermeiden viele Autofahrer, wann immer sie können. Bevor es über die Grenze geht, fahren sie etwa in Weil am Rhein von der Autobahn und quälen sich über verzweigte Wege in die Stadt. „Der Verkehr, der die Schweiz zum Ziel hat, quält sich durch unsere Ortsdurchfahrten“, sagt Wolfgang Dietz, der Oberbürgermeister des Nachbarstädtchens von Basel.
Vielen Anwohnern stinkt das gewaltig. Sie haben Protestplakate an ihre Häuser gehängt, sind genervt vom Lärm und den Abgasen. Verantwortlich dafür sind nach ihrer Sicht aber nicht die Urlauber, die sich die Maut sparen wollen, sondern die Lastwagen, die in Richtung Basel unterwegs sind und deren Fahrer sich das kurze Stück Autobahn und damit die Gebühr sparen.
„Das kleine Wohnmobil mit dem Rentnerehepaar, das durch unsere Stadt in die Schweiz tuckert, stört uns nicht“, sagt Dietz. Durch eine entsprechende Beschilderung versuche die Stadt, den Verkehr auf die Autobahn zu lenken.
Eines ähnlichen Tricks bedienen sich die slowenischen Behörden. Damit Autofahrer gar nicht auf die Idee kommen, sich auf dem Weg von Italien gen Süden an den Autobahnen vorbeizumogeln, sperren sie Straßen immer wieder ab und zwingen die Durchreisenden direkt auf die Fernstraßen, wie der ACE berichtet.
Noch kann jedes Land selbst entscheiden, ob es Straßengebühren verlangt - und wie hoch sie ausfallen. Doch auf EU-Ebene wird neuerdings verstärkt über eine gesamteuropäische Maut diskutiert. Das Vorhaben sei aber so komplex, dass mit einer raschen Realisierung nicht zu rechnen sei, sagen Experten. So lange werden die unterschiedlichen Regelungen bestehenbleiben.
In Deutschland will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) demnächst Eckpunkte für Mautpläne vorlegen. Die Maut soll inländische Autofahrer nicht zusätzlich belasten - fraglich ist aber, wie das mit dem EU-Recht zu vereinbaren wäre.