Ausreden von Temposündern - gedichtet und gezeichnet

Kassel (dpa) - Um Ausreden sind Temposünder selten verlegen. Aber nicht viele sind sie so originell wie die, die das Regierungspräsidium Kassel auf einer Website zusammengestellt hat.

Ein gezeichnetes Männchen, kniend, daneben das Wort „Gnade“ - der Versuch eines nordhessischen Temposünders, eine Strafe abzuwenden. Kuriose Ausreden und Beschwörungen erwischter Verkehrssünder hat das Regierungspräsidium (RP) Kassel auf seiner Internetseite zusammengestellt, sie wurden im Nachrichtenportal hna.de veröffentlicht. Ein Raser gestand sein Vergehen mit einer Zeichnung ein: Er malte auf den Anhörungsbogen 24 weiße Schafe - und ein schwarzes mit dem Hinweis „Das bin ich“.

Immer wieder versuchen es die Schnellfahrer mit Reimen: „Ein Mensch, der bald Geburtstag hat, muss äußerst dringend in die Stadt ... Nicht so schnell! - hier fährt man dreißig, denk daran, die blitzen fleißig.“ Der rote Blitz kam trotzdem. „Ich hab gelitten wie ein Hund und das ist - glaubt mir - nicht gesund. (..) Ihr zerknirschter Temposünder“, endet das Gedicht. Geholfen hat es nichts. Die Antwort des Sachbearbeiters lässt immerhin Sympathie erkennen: „Es tut mir leid und fällt mir schwer, doch Klagen helfen hier nichts mehr. Ein Bußgeld hab' ich nun erteilt, weil Sie sich haben so beeilt.“

Auch ein anderer versuchte es mit einem Gedicht. „Mit Interesse habe ich Ihr Schreiben gelesen, und streite nicht ab, ich bin es gewesen. Wie's kam liebe Leut', ich sag's Euch genau, in Köln war ich ein paar Tage, bei einer reizenden Frau. Und hab' dann, sonst hätt' ich etwas versäumt, von den schönen Tagen geträumt.“ Auch hier zeigt der antwortende Sachbearbeiter dichterisches Talent: „Ist der Reim auch noch so gut gelungen, zum Bußgeld seh' ich mich gezwungen. Kommen Sie wieder 'mal von dieser Frau, nehmen Sie den Zug, sein Sie schlau.“

Ob Reim oder gemaltes Bild - bezahlt werden muss trotzdem. „Manches hat richtig Charme, aber Schönheitsrabatte können wir leider nicht geben“, sagt RP-Sprecher Michael Conrad. Zudem seien solche Schreiben in den vergangenen Jahren, vor allem durch Umstellung auf papierlose Technik, immer seltener geworden - und damit auch die kreativen Antworten. „Für so einen Spaß ist leider keine Zeit mehr“, bedauert Conrad.

Einige Temposünder zeigen im Anhörungsbogen Schwierigkeiten mit Fremdwörtern. „Das vorausfahrende Fahrzeug bremste korrupt ab... “ - gemeint ist wohl „abrupt“. „Ich bin ferner mit meinen Nerven am Ende und habe mit einer schweren Kastritis zu tun... “ - hoffentlich meinte der Fahrer nur „Gastritis“, also eine Magenentzündung.

Doch auch Ausreden sind manchmal sehr kurz und schmerzlos. „Tut mir leid, ich war zu spät und zu blöd (und blond bin ich auch noch)“, schrieb eine Frau. Ein anderer berief sich darauf, dass die Verkehrsschilder unbeleuchtet waren. „Sie tauchen aus dem Dunkel auf, um sofort wieder zu verschwinden.“

Auch der Hergang von Verkehrsunfällen offenbart manchmal eine ganz eigene Sicht der Betroffenen - zum Beispiel aus Zusammenstößen mit Fußgängern: „Ein Fußgänger kam plötzlich vom Bürgersteig ab und verschwand wortlos unter meinem Wagen... “ oder „Der Fußgänger hatte keine Ahnung, in welche Richtung er gehen sollte, also überfuhr ich ihn.“ In einem anderen Fall näherte sich dem Fahrer „in hohem Tempo die Telegrafenstange. Ich schlug einen Zick-Zack-Kurs ein, aber dennoch traf mich die Telegrafenstange am Kühler.“

Erst nach einem filmreifen Stunt verlor ein Autofahrer nach eigener Aussage die Gewalt über den Wagen - das zumindest wollte er wohl ausdrücken: „In einer Linkskurve geriet ich ins Schleudern, wobei mein Wagen einen Obststand streifte und ich - behindert durch die wild durcheinander purzelnden Bananen, Orangen und Kürbisse - nach dem Umfahren eines Briefkastens auf die andere Straßenseite geriet, dort gegen einen Baum prallte und schließlich - zusammen mit zwei parkenden PKW's - den Hang hinunter rutschte. Danach verlor ich bedauerlicherweise die Herrschaft über mein Auto.“

Während einige Beispiele offensichtlich Ausreden sind, war ein Verkehrssünder wohl erfrischend ehrlich: „Ich habe noch nie Fahrerflucht begangen; im Gegenteil, ich musste immer weggetragen werden.“