Autoreifenkauf: EU-Label als grobe Entscheidungshilfe
Landsberg (dpa/tmn) - Viele Autofahrer nutzen den halbjährlichen Räderwechsel zum Kauf neuer Reifen. Dann stehen sie vor der Entscheidung, welcher Pneu es sein soll. Die Regale der Fachhändler sind voll, das Angebot im Internet riesig.
Wie trifft man seine Wahl?
Eine Orientierung bietet das EU-Reifenlabel, das an jedem Reifen angebracht sein muss. Es gibt dessen Performance beim Bremsen auf nassem Grund, den Rollwiderstand und das Außenfahrgeräusch an. Das 2012 eingeführte Label sei aber nur eine grobe Entscheidungshilfe, sagt Ruprecht Müller vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg am Lech.
Bei seinen Reifentests kommt der Autoclub im Vergleich der Pneus mitunter zu anderen Rankings, als es die Label-Angaben der Reifen vermuten ließen. „Vor allem beim Rollwiderstand und dem Bremsen bei Nässe gibt es Abweichungen“, erklärt Müller. Das liege auch daran, dass der ADAC streng standardisierte Prüfmethoden hat, welche einen direkten Vergleich zwischen den getesteten Reifen ermöglichen. Dies sei bei den Messungen für das EU-Reifenlabel anders, weil die jeder Hersteller individuell und meist an unterschiedlichen Prüfstellen durchführt, begründet der Experte.
Auch der Auto Club Europa (ACE) hatte bei einem Sommerreifentest Unterschiede zwischen den eigenen Testergebnissen und den Angaben auf dem Label festgestellt. Dort waren der schlechteste und der beste der getesteten Reifen in der zweitbesten Kategorie B gelistet. Das Label sei für die Kaufentscheidung ungeeignet, befand der ACE darum.
Soweit geht der ADAC nicht. Doch für die beste Entscheidungshilfe hält Experte Müller Reifentests, die verschiedene Pneus unter gleichen Bedingungen prüfen. Wenn es für die genutzte Dimension keine Tests gibt, könne das Label zumindest eine Orientierung liefern. Die wichtigste Angabe sei laut Müller jene zu den Nassbremseigenschaften. Zwischen den Klassen A und F können die Bremsunterschiede bei rund 30 Prozent liegen, erklärt er. „Bei Nässe gehen Autofahrer am ehesten an die Leistungsgrenzen des Reifens.“
Weniger relevant sei der Rollwiderstand. Je geringer er ist, desto mehr Kraftstoff kann man sparen. Allerdings fallen die Unterschiede in der Realität kaum auf, sagt Müller. Die meisten Reifen gruppieren sich laut ADAC ohnehin in den Klassen B oder C ein und sind folglich schon recht optimiert in Bezug auf die Spritersparnis.
Die Besonderheit von Leichtlaufreifen, die mancher Autohersteller bewirbt, sieht Müller eher skeptisch. „Der Begriff gehört eher in die Vergangenheit, in der das Thema Spritsparen noch kaum Relevanz hatte und darum Reifen mit niedrigem Rollwiderstand seltener waren.“ Heute seien dagegen alle Auto- und Reifenhersteller um möglichst effiziente Reifen bemüht und legen auch einen Fokus auf den Rollwiderstand.
Eine echte Kostenersparnis versprechen sich Autofahrer von Ganzjahresreifen. Denn statt insgesamt acht Reifen für Sommer und Winter kommt man mit vier Pneus aus. Doch da man sie das ganze Jahr fährt, verschleißen sie schneller. Damit wird es eher wieder Zeit für neue Reifen. Im Prinzip bleibt nur der häufige Wechsel erspart.
Dennoch können die Ganzjahresreifen eine Alternative sein, sagt Müller. Wer sein Auto wenig fährt und bei extremer Witterung, also sehr tiefen und sehr hohen Temperaturen, stehen lassen kann, könne damit zufrieden sein, sagt er. Wer allerdings hohe Ansprüche an die Performance von Reifen hat, sollte bei den Sommer- und Winterreifen bleiben, rät er. Die Ganzjahresreifen stießen eher an Grenzen. Eben auch bei Hitze: „Dann können sie ebenfalls einknicken“, sagt Müller. Aufgrund der Gestaltung des Profils und der Mischungsabstimmung kann der Grip dann sehr stark nachlassen.