California Dreamin' am Baggersee: Karmann Buggy

Osnabrück (dpa/tmn) - In den 70ern war nicht nur die Mode wild. Gewöhnliche Autos passten ebenso wenig in die Hippie-Zeit. Deshalb baute Karmann vor 40 Jahren den Buggy und holte mit ihm das Lebensgefühl der US-Westküste nach Deutschland.

Im Radio spielen die Beach Boys „Surfin' USA“, vom Himmel brennt die Sonne und vom Horizont rollt der Pazifik meterhohe Wellen heran. So oder so ähnlich muss es gewesen sein, als der Bootsbauer Bruce Meyer in Pismo Beach in Kalifornien Anfang der 1960er Jahre Hand an seinen VW Käfer legte.

Er kürzte das Chassis, zog ultrabreite Reifen auf der Hinterachse und tunte den Boxermotor. Das Ganze verpackte er in einer quietschbunten Kunststoffkarosse ohne Türen, Dach und Seitenscheibe. Aus dem Allerweltsauto aus Wolfsburg war ein lebenslustiger Strandläufer geworden.

Häufig wurde Meyers Konzept kopiert - auch in Deutschland. Hier war es vor allen Dingen die VW-Zeitschrift „Gute Fahrt“, die Gefallen an dem Freizeitflitzer fand und flugs einen eigenen Entwurf auf die Räder stellte. Als Partner holte sich die Zeitschrift den Osnabrücker Karosseriebauer Karmann ins Boot, der mit VW ohnehin eng verbunden war. So feierte vor exakt 40 Jahren der Karmann GF Buggy seine Premiere. Als sonniges Cabrio im Geist der Flower-Power-Bewegung trat der Buggy schnell einen weltweiten Siegeszug an - in Kalifornien oder an der Kiesgrube, auf den Bahamas oder am Baggersee.

Angeboten wurde der luftige Viersitzer mit dem Zeltverdeck zunächst nur als Bausatz, erinnert sich Karmann-Experte Klaus Ulrich aus der Klassiksparte von VW. „Für knapp 3000 Mark gab es das Käfer-Chassis, die Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff samt Anbauteilen, den Motor und einen Techniksatz.“ Erst nachdem schon 1000 Bausätze verkauft waren, bot Karmann den Wagen auch fertig montiert an. Allerdings kletterte der Preis dann gleich auf 8800 Mark. Damit war der Buggy teurer als ein Käfer Cabriolet.

Anders als im vergleichsweise hochgeschlossenen Käfer Cabrio war der Fahrer eines Buggy nur von einer kurzen Frontscheibe und einer dünnen Kette vor dem Einstieg geschützt. Er saß in der Plastikwanne wie auf dem Präsentierteller - der Sonne und den neidischen Blicken ständig ausgesetzt. Dazu gab es einen schrillen Lack: Ausgeliefert in Glitter-Rot, Glitter-Grün und Glitter-Blau, funkelten die Buggys im Sonnenlicht, als hätte man die Scherben einer Disco-Kugel in den Lack gemischt.

So luftig und lustig das Konzept, so bieder und bodenständig war die Technik des Buggy. Er nutzte einen 1,5 Liter großen Boxer von VW, der es auf gerade einmal 32 kW/44 PS brachte. Doch aufgrund des geringen Leergewichts von 640 Kilo war der Fahrspaß garantiert - zumindest, solange man am Strand unterwegs war. Dort schleuderte er mit seinem Heckantrieb durch die Dünen, dass es eine wahre Freude war, und gibt manchem großen Jungen auch heute noch ein spaßbringendes Spielzeug ab. Doch auf der Landstraße ließ der Elan allerdings schnell nach: Bis Tempo 100 brauchte der Buggy runde 30 Sekunden, und Schluss war schon bei 125 km/h.

Mit seinem Auftritt war der Buggy übrigens nicht allein. Zahlreiche Fahrzeughersteller hatten in dieser Zeit extreme Freizeitautos auf die Räder gestellt: Von Citroën gab es den Méhari, Renault hatte den R4 quasi mit dem Trennschleifer zum Radikal-Cabrio Plein Air umgebaut, der Fiat 500 brach als Jolly die Herzen der Italienurlauber, und bei Mini sorgte der Moke für Aufsehen an Côte d'Azur und Costa Brava.

Allerdings hatten die Sonnenanbeter nur eine kurze Blütezeit: Strenge Sicherheitsvorschriften machten den luftigen Flitzern bald den Garaus. Schon 1974 stellte zum Beispiel Karmann die Produktion wieder ein. Selbst wenn man die Konstruktion angepasst und alle Normen erfüllt hätte, passten Spaßmobile wie der Buggy offenbar nicht mehr so recht in die Zeit. Heute sind die Buggys gesuchte Klassiker. „Der Markt für Gebrauchte ist fast leergefegt. Und wenn man mal ein gut erhaltenes Exemplar findet, ist man schnell mit 15 000 bis 20 000 Euro dabei“, sagt der Osnabrücker Klassik-Experte Ulrich.