Der Weg durch den Ersatzteil-Dschungel
München/Bonn (dpa/tmn) - Sind die Bremsen marode, hadert die Einspritzpumpe und ruckeln die Querlenker, sollte schnell Ersatz her. Es müssen aber nicht immer Originalteile sein. Nachbau- oder Austauschteile fürs Auto kosten weniger - und sind nicht unbedingt schlechter.
Reparatur ist nicht gleich Reparatur: Werkstätten arbeiten auf unterschiedlichem Niveau. Das zeigen Tests von Automobilclubs und Fachmagazinen stets aufs Neue. Aber auch bei Ersatzteilen variiert die Qualität. Denn nicht immer müssen es teure Originale sein - vor allem, wenn das Fahrzeug älter ist. Dann gelten aufbereitete Austauschteile häufig als erste Wahl: Sie sind laut dem ADAC um bis zu 50 Prozent günstiger. Daneben gibt es noch sogenannte Nachbauteile, die den Originalteilen nachempfunden sind. Doch deren Qualität kann der normale Autofahrer oft nur schwer einschätzen.
„Der Laie weiß meist nicht, welche Prüfzeichen bei sicherheitsrelevanten Teilen erforderlich sind und wie sie aussehen“, sagt Arnulf Thiemel vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg. Welcher Ersatz sich bei der Instandsetzung empfiehlt, sollte mit einem freien Teile-Händler oder der Werkstatt des Vertrauens geklärt werden. „Wenn jemand schlechte Ware verkauft, spricht sich das herum“, so Thiemel. Für den Fahrzeughalter ohne Fachkenntnisse sei diese „indirekte Methode“ oft der einzige Weg, sich Klarheit zu verschaffen.
Neofitos Arathymos vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Bonn rät zudem, Werkstätten aufzusuchen, die Mitglied der Kfz-Innung sind. Bei Problemen könne dann eine Schiedsstelle angerufen werden: „Dem Schlichtungsspruch müssen sich diese Werkstätten unterwerfen.“ Seriöse Betriebe würden ohnehin darauf achten, dass sie nach Vorschrift arbeiten. „Sie stehen in der Sachmängelhaftung“, erklärt der Technikexperte.
Eine Grundregel lautet: Bei jungen Fahrzeugen ist man mit Originalteilen auf der sicheren Seite. Die Neuteile sind zwar teurer, halten in der Regel aber auch am längsten. Für Fahrzeuge ab einem Alter von rund vier Jahren können unter dem Strich Austauschteile eine lohnende Alternative sein. „Dann brauche ich nicht immer Ersatzteile, die noch einmal so lange halten wie die ursprünglich eingebauten Teile“, sagt Thiemel.
Bei Austauschteilen handelt es sich um alte oder defekte Teile, die standardisiert aufbereitet wurden. 2009 hat zum Beispiel der Zulieferer Bosch insgesamt 2,5 Millionen Teile auf Vordermann gebracht: 9000 verschiedene aus 29 Produktgruppen - darunter Klimakompressoren, Diesel-Einspritzpumpen, Starter und Generatoren. Firmensprecherin Heiderose Dreiner erklärt, dass zum Beispiel bei Lichtmaschinen oft nur Wicklungen kaputt gingen, der Stahlmantel aber unbeschädigt bleibe. Neben dem Kostenvorteil von durchschnittlich rund 30 Prozent stünden Austauschteile auch in der Ökobilanz besser da: Weil viele Fertigungsprozesse bei der Aufbereitung entfallen, ließen sich im Vergleich zur Neuproduktion mehr als 60 Prozent CO2 einsparen.
Nicht nur freie Anbieter setzen auf Austauschteile. Auch Hersteller wie VW, Ford, Opel, Toyota, Citroën, Peugeot oder Renault mischen mit. „Viele Hersteller führen Produktlinien mit erneuerten Teilen“, sagt Thiemel. Vor einer Reparatur sollten Kunden immer nach Austauschteilen für ihr Fahrzeug fragen. Für ältere Modellen ist manchmal sogar nur noch dieser Ersatz zu haben. Meist bekommt der Kunde darauf die gleiche Garantie wie auf ein Neuteil.
Nachbauteile empfehlen die Experten dagegen nur eingeschränkt. „Die Ware muss nicht minderwertig sein“, sagt Thiemel. Gute Qualität sei zu erwarten, wenn namhafte Zulieferer Teile entwickelt hätten, die aus Wettbewerbsgründen in der Erstausrüstung von Neuwagen jedoch nicht zum Zuge kamen. Diese Komponenten kommen den Originalen oft sehr nahe und sind günstiger. Arathymos mahnt allerdings zur Vorsicht: „Man sollte genau schauen, wer die Teile nachbaut.“ Etablierte Zulieferer erfüllten in der Regel die vom Gesetzgeber geforderten Kriterien. Im Umlauf sind aber auch Teile minderer Qualität.
Eine weitere, für den Kunden schwer einzuschätzende Alternative unter den Nachbauteilen sind sogenannte Ident-Teile aus dem freien Handel. Die Bezeichnung suggeriert zwar die Qualität der Originalteile. Doch der Begriff ist nicht geschützt, warnt ADAC-Experte Thiemel: „Es gibt keine unabhängigen Qualitätsprüfungen.“ Deshalb seien Ident-Teile schlecht mit Originalen vergleichbar. Schwer herauszufinden sei etwa, ob die Teile auf der gleichen Maschine wie ein Originalteil gefertigt wurden. Ist das der Fall, sieht der ZDK keine Probleme.
Generell können Autobesitzer auch auf eigene Faust oft günstig Ersatzteile bei Onlinehändlern oder über spezielle Teile-Suchmaschinen im Internet bestellen. ZDK-Experte Arathymos warnt aber: „Ich würde keine Teile mit Sicherheitsrelevanz im Internet kaufen.“ Dazu zählt er sämtliche Komponenten von Bremsen, Lenkung, Achsaufhängung oder auch Räder und Reifen.