Autoentwickler entdecken den Dieselhybrid
Limburg (dpa/tmn) - Das Spritsparpotenzial des Hybridantriebs ist noch nicht ausgereizt. Denn bislang kombinierten die Autohersteller ausschließlich Benziner mit einem E-Motor. Das wird sich im nächsten Jahr ändern: Dann kommen die ersten Dieselhybride auf den Markt.
Gut 13 Jahre nach dem Start des Toyota Prius haben Hybridautos ihren Exotenstatus längst verloren. Das Angebot an Modellen, bei denen Benzin- und Elektromotor im Team arbeiten, wächst stetig - und wird 2011 durch die ersten Dieselhybride ergänzt. Für diese Technik versprechen die Hersteller noch einmal deutliche Verbrauchsvorteile. „Der Diesel ist schließlich an sich schon sparsamer als ein Benziner, diesen Vorteil bringt er in das Hybrid-Konzept mit ein“, erklärt Peugeot-Sprecher Bernhard Voß. Im Vergleich zu einem konventionellen Selbstzünder sinkt der Spritverbrauch bei einem Dieselhybrid laut Voß um rund ein Drittel.
Dass die Hybridtechnik trotz des doppelten Spareffekts beim Diesel bislang nur in Benzinern zum Einsatz kam, begründet Nick Margetts vom Marktforschungsinstitut Jato Dynamics in Limburg mit der Herkunft der frühen Modelle: „Diese Fahrzeuge kamen aus Japan und waren vor allem für Amerika gemacht. In beiden Ländern spielt der Diesel für den Pkw keine Rolle.“ Und weil auch die deutschen Hersteller zunächst in Richtung USA geschielt hätten, seien sie dem Vorbild der Japaner gefolgt. Margetts wundert es nicht, dass ab 2011 ausgerechnet der französische PSA-Konzern mit den Marken Peugeot und Citroën erste Dieselhybride anbietet: „Beide Marken sind in USA nicht vertreten und können sich deshalb ganz auf das Europa-Geschäft konzentrieren.“
Für Anfang nächsten Jahres hat Peugeot den Kompaktvan 3008 als ersten Selbstzünder mit kombiniertem Antrieb angekündigt. Er trägt dann den Beinamen Hybrid4, weil der Wagen über einen Allradantrieb verfügt: An der Hinterachse arbeitet ein 27 kW/37 PS starker Elektromotor, vorne ein Common-Rail-Diesel mit 120 kW/163 PS. Je nach Einsatzsituation entscheidet eine automatische Steuerung, ob der Wagen von beiden Aggregaten gleichzeitig angetrieben wird, nur Diesel verbrennt oder auf Kurzstrecken rein elektrisch fährt. Im gemeinsamen Betrieb soll der mit Start-Stopp-System und Bremsenergierückgewinnung ausgestattete 3008 auf einen Normverbrauch von 3,8 Litern und einen CO2-Ausstoß von 99 g/km kommen.
Im PSA-Konzern werde diese Technologie schnell weite Kreise ziehen, sagte ein Unternehmenssprecher: Allein Peugeot will demnach mittelfristig drei Modelle mit dem Dieselhybridantrieb ausrüsten. Citroën hatte die Motorenkombination bereits in der Studie Hypnos präsentiert. Im Mittelklassemodell DS5 werde sie in Serie gehen, kündigte Pressesprecher Thomas Albrecht an.
Der Dieselhybrid ist zwar im Vergleich zur Benzinervariante die sparsamere Lösung - aber gewiss nicht die günstigere. Das könnte laut Margetts zu Absatzproblemen führen: „Ein Dieselmotor ist in der Herstellung sehr viel teurer als ein Benziner. Addiert man dazu dann auch noch die Komponenten für den elektrischen Teil des Antriebs, steigt der Preis noch weiter.“ So könne der Kostenvorteil durch den geringeren Verbrauch bereits beim Kauf aufgezehrt werden, warnt der Experte vor überzogenen Preisen. „Und das Problem wird sich noch verschärfen“, ist Margetts überzeugt: Schärfere Schadstoffnormen für Diesel erfordern immer kostspieligere Systeme zur Abgasreinigung.
Trotzdem finden die Franzosen viele Nachahmer - vor allem in Deutschland. So hat Mercedes bereits angekündigt, dass es die E-Klasse im nächsten Jahr mit einem 150 kW/204 PS starken Selbstzünder plus Elektromotor geben wird. Der Verbrauch soll dann bei 4,1 Litern liegen, was einem CO2-Ausstoß von 109 g/km entspricht. Viele Kleinwagen sind durstiger. BMW plant nach Informationen aus der Konzernzentrale in München unter seinen kommenden Hybridmodellen ebenfalls einige Diesel. Näheres dazu ist aber noch nicht bekannt.
In Forschungsfahrzeugen gehen deutsche Entwickler noch ein Stück weiter und verkleinern die Verbrennungsmotoren deutlich. VW hat in die Studie Up-Lite einen Zweizylinder-Diesel mit elektrischer Unterstützung eingebaut. Und auch die grüne Sportwagen-Vision, die BMW 2009 auf der IAA in Frankfurt vorgestellt hat, fährt mit einem Dreizylinder-Diesel mit 120 kW/163 PS - gekoppelt mit zwei knapp 74 kW/100 PS starken E-Motoren. Bis Ende 2013 will das Unternehmen den Wagen zur Serienreife bringen. Mit Rücksicht auf wichtige Exportmärkte könnte das Konzept allerdings noch an entscheidender Stelle geändert werden: BMW überlegt, den Selbstzünder durch einen Ottomotor zu ersetzen.
An der Dieselhybridtechnologie haben auch Importeure aus Fernost Gefallen gefunden: Die koreanischen Hersteller Hyundai und Kia haben jüngst auf verschiedenen Messen Studien und Prototypen mit elektrifizierten Dieselmotoren gezeigt. Hyundai stellte in Aussicht, dass das Antriebskonzept in dem für 2011 avisierten Nachfolger der Stufenhecklimousine Sonata bereits in Serie gehen könnte.