Die Konzeptautos der Detroit Motor Show

Detroit (dpa/tmn) - Kaum hat sich die Stimmung in der Automobilindustrie aufgehellt, lassen die Hersteller ihren Designern und Entwicklern wieder mehr Luft: Auf der Detroit Motor Show gibt es zahlreiche Fahrzeugstudien zu sehen - einige davon nah an der Serienreife.

Konzeptautos und Showcars fehlte in den vergangenen Jahren meist der Realitätsbezug. Bei den blechgewordenen Visionen, die die Hersteller auf ihren Messeständen präsentierten, handelte es sich häufig um abgedrehte Spielereien der Entwickler. Dagegen sind viele Schaustücke auf der auf der North American International Autoshow (NAIAS, 10. bis 23. Januar) in Detroit der Straße schon beachtlich nah.

Ein Paradebeispiel dafür ist der Vertrek, den Ford auf Basis der neuen Focus-Plattform entworfen hat: Der gut 4,50 Meter lange Geländewagen wird zwar in Detroit noch als Studie geführt. Doch denkt man sich den gläsernen Streifen im Dach weg, montiert im Geiste andere Räder und speckt den Innenraum leicht ab, sieht man bereits den gemeinsamen Nachfolger des europäischen Kuga und des amerikanischen Escape: So könnte der bis spätestens Ende 2012 erwartete Wagen durchstarten. Ford hat sogar schon eine Liste mit „möglichen Motorisierungen“ veröffentlicht und konzentriert sich nicht allein auf den 1,6 Liter großen „EcoBoost“-Antrieb, der die Studie mit rund 132 kW/180 PS in Fahrt bringt.

Nur noch eine Formalie scheint auch der Serienbeschluss für den Mini Paceman zu sein, den die britische BMW-Tochter in Detroit enthüllt hat. Der sportliche Zweitürer basiert auf dem XL-Modell Countryman und soll nach Informationen aus Unternehmenskreisen in gut zwei Jahren auf den Markt kommen. „Wir haben für jedes Jahr ein neues Auto versprochen: Nach dem Coupé in 2011 und dem Roadster in 2012 wäre das für 2013 doch eine gute Idee“, sagte ein Projektmitarbeiter.

Noch näher an der Serie ist der Entwurf für den neuen Civic, den Honda auf der Messe zeigt. Zwar haftet dem Modell für die mittlerweile neunte Generation der Baureihe noch das Schlagwort „Concept“ an. Doch die Japaner lassen an ihren Produktionsabsichten keinen Zweifel: „Noch vor dem Sommer kann man das Auto bei uns kaufen“, kündigte ein US-Sprecher der Marke an.

Selbst visionärere Konzeptfahrtzeuge der Detroit Motor Show sind im Hier und Jetzt verankert: Die Toyota-Studie „Prius C“ soll im nächsten Jahr trotz ihrer futuristischen und kunterbunten Innenausstattung zumindest in den USA nahezu unverändert in Serie gehen, erklärte der Firmenchef Akio Toyoda. Mit dem sportlichen und kompakten Viertürer wollen die Japaner die Hybridtechnik des Mittelklassemodells Prius in die Welt der Kleinwagen bringen.

Die spektakuläre Rennwagen-Studie 918 RSR, die Porsche in Detroit ausstellt, ist als rasendes Labor zu verstehen. Doch während die Ingenieure den insgesamt 564 kW/767 PS starken Hybridrennwagen mit V8-Verbrenner, zwei Elektromotoren und Schwungmassenspeicher nur zu Forschungszwecken nutzen, soll ein naher Verwandter bis 2013 reif für eine Kleinserie sein: Auf Basis der Studie 918 Spyder, die im vergangenen Jahr auf dem Genfer Autosalon enthüllt wurde, entwickelt Porsche einen Hybridsportwagen für die Straße.

Dass Studien aber auch Raum zum Träumen lassen, zeigen auf der Detroit Motor Show vor allem die Koreaner. Kia hat für die Messe die Großraumlimousine KV7 auf die Räder gestellt. Konzeptfahrzeug mit Flügeltüren und Loungesesseln soll nach Angaben von Designchef Peter Schreyer beweisen, „dass auch große Vans nicht immer langweilige Kisten sein müssen“. Eine Serienfertigung schließt Schreyer in dieser überzeichneten Form allerdings aus.

Das dürfte auch für den Curb gelten, den Hyundai als eigenwillig designten, kleinen Stadtgeländewagen für die Kunden von morgen entwickelt hat. Allerdings hat Nissan mit dem Juke gerade erst bewiesen, dass auch solche Fahrzeugkonzepte eine Chance haben. Gut möglich also, dass der knapp 4,20 Meter lange Viersitzer von Hyundai ohne gegenläufig angeschlagene Türen und mit verändertem Interieur doch in Serie geht. Die Motorisierung mit einem 1,6 Liter großen Direkteinspritzer mit 129 kW/175 PS jedenfalls deutet darauf hin: Denn in anderen Modellen der Koreaner kann man einen ähnlichen Antrieb bereits kaufen.

Wie groß der Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit tatsächlich sein kann, ohne dass eine Studie die Bodenhaftung verliert, beweist in Detroit ein Kunstobjekt von Mercedes: Auf den ersten Blick sieht die raumfüllende Installation „Aesthetics No2“ aus wie eine höchst abstrakte Skulptur. Doch ein Mercedes-Sprecher wies darauf hin, dass mehr dahinter stecke: „Wer genau hinschaut, sieht darin die Grundzüge für das Interieur unserer nächsten B-Klasse.“