Heißer Sommer und neue Führerscheinregel: Kleiner Motorrad-Boom
Essen/Frankfurt (dpa) - Anders als auf dem Automarkt herrscht bei den Motorrad-Herstellern eitel Sonnenschein. Der schöne Sommer und weiter gefasste Führerscheinregeln haben das Geschäft belebt. Der Trend geht vom Roller zurück zum klassischen Motorrad.
Die Motorradhersteller in Deutschland haben einen unerwartet guten Sommer hinter sich. Zwar stiegen nach Angaben des Industrieverbands Motorrad (IVM) in Essen die Verkaufszahlen bis inklusive Juli nur um bescheidene 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Doch der Trend geht eindeutig zu schwereren und damit teureren Maschinen, während der Markt insbesondere für leichte Roller zunächst erschöpft scheint.
Die Verkaufszahlen für die lange Jahre stabile Rollerklasse bis 125 Kubikzentimeter sackten in den ersten sieben Monaten um gut 22 Prozent ab, während die gleich starken Leichtkrafträder um fast 25 Prozent zulegten. „Der Roller-Markt scheint ein wenig übersättigt zu sein“, sagt IVM-Sprecher Achim Marten. Das gilt gleichwohl nicht für hubraumstärkere Roller, die nahezu genauso viel Anklang finden wie im Jahr zuvor. Mit der Piaggio Vespa 300 findet sich ein kräftig motorisierter Roller auf Platz 2 der aktuellen Zulassungsstatistik.
Die eigentliche Überraschung steckt in den Zahlen für die „Krafträder“ mit mehr als 125 Kubikzentimetern. Von ihnen brachten die Hersteller bis Ende Juli fast 70 000 Stück an die zuletzt schon aus demografischen Gründen schrumpfende Biker-Gemeinde. Das bedeutet ein Plus zum ebenfalls schon nicht schlechten Vorjahr von annähernd 4 Prozent, der sich laut IVM wohl aufs gesamte Jahr so entwickeln wird.
Mit 6333 Neuzulassungen in Deutschland bis Juli war dabei die komplett neu auf die Räder gestellte Groß-Enduro BMW R 1200 GS der absolute Spitzenreiter. „Wir halten Kurs auf einen neuen Absatzrekord 2013“, sagt BMW-Vertriebschef Heiner Faust. Weltweit konnten von dem Flaggschiff schon über 17 000 Maschinen abgesetzt werden.
Der größte Importeur Honda, nach BMW die Nummer 2 im Markt, profitierte nach Angaben des Sprechers Oliver Franz vor allem von der in diesem Jahr wirksamen Führerscheinreform. Mit dieser wurde es Inhaber älterer Autoführerscheine (abgelegt vor dem 1.4.1980) einfacher, zumindest die erste Stufe der Motorradlizenz (A2) zu erlangen. Sie müssen nur eine praktische Prüfung ablegen und dürfen dann Motorräder mit bis zu 35 kW (48 PS) bewegen. Bislang waren nur 25 kW (34 PS) erlaubt.
Während viele Hersteller stärkere Motorräder drosselten, brachte Honda in den vergangenen zwei Jahren gleich zwei neue Modellreihen mit 48-PS-Motoren, die auch zahlreiche Wiedereinsteiger überzeugten. Der Absatz in Deutschland stieg auf knapp 14 000 Bikes, ein Plus von mehr als 6 Prozent.
Auch die ganz jungen Zweiradpiloten dürfen seit diesem Jahr schnellere Maschinen bewegen als bislang. In der Klasse der Leichtkrafträder bis 125 Kubikzentimeter, die man mit dem Führerschein A1 bereits ab 16 Jahren fahren darf, entfiel die Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h, damit sie besser im allgemeinen Verkehrsfluss mitkommen. Vom Fahrzeuggewicht abhängige Höchstgeschwindigkeiten bis etwa 120 km/h sind nunmehr legal möglich - und führten in dieser Klasse prompt zu einem satten Viertel mehr Verkäufen.