Kleine Wagen groß in Fahrt: Ferngesteuerte Autos
Berlin (dpa/tmn) - Sie sind selten größer als ein Schuhkarton, aber bis zu 120 km/h schnell. Ferngesteuerte Autos gibt es in allen möglichen Varianten. In Sachen Faszination und Technik unterscheidet sie gar nicht so viel von ihren großen Vorbildern.
Heiner Martin hat regelmäßig zwei Rennwagen im Einsatz. Drei bis vier weitere kann er jederzeit ohne viel Aufwand auf die Strecke bringen. Das ist in seinem Umfeld ganz normal: Viele, die seine Leidenschaft teilen, verfügen über einen ganzen Fuhrpark an Hochleistungssportwagen. Doch Martin bewegt sich nicht in der Welt der Superreichen und der Boxenluder. Er braucht auch keinen Helm und keine feuerfeste Kleidung, denn seine Autos sind ferngesteuert.
„Ich fahre seit Anfang der 70er Jahre“, erzählt Martin. „Damals gab es hier kaum Ausrüstung, und man musste alles aus den USA holen.“ Der 64-Jährige ist Schriftführer des Deutschen Minicar Clubs (DMC), dem „Dachverband für den funkferngesteuerten Automodell-Rennsport“ in Deutschland. Er gehört zu den Pionieren des RC-Rennsports. Und ein ernstzunehmender Sport ist es. „Die Fahrzeuge werden bis zu 120 km/h schnell“, erklärt Martin. Um sie zu beherrschen, bedarf es unter anderem eines geübten Blicks und schneller Reflexe.
Die Bandbreite der RC-Autos sei enorm, berichtet Jan Schnare vom Magazin „Cars & Details“, das sich in erster Linie an Einsteiger und Fortgeschrittene richtet. „Das geht von Modellen im Maßstab 1:26, die etwa handtellergroß sind, bis zu Autos im Maßstab 1:5. Die sind fast einen Meter lang.“ Doch die ganz großen Modelle sind selbst für den passionierten Rennfahrer Heiner Martin etwas zu speziell. „Der Großteil der Szene fährt Autos im Maßstab 1:8“, sagt er. Auch die hätten Verbrennungsmotoren, mit Leistungswerten zwischen 1,8 kW/2,5 PS und 4,4 kW/6 PS.
Laut Martin sind in diesem Segment die Offroad-Fahrer in der Mehrheit. „Das liegt auch daran, dass es mehr Offroad-Strecken gibt, weil sie leichter zu realisieren sind.“ Und viel günstiger. „Eine Asphalt-Piste kostet leicht 80 000 Euro“, sagt Martin.
Das ist auch fast die Größenordnung, in der sich die Strecke der RC Speedracer Bernau bewegt. Der Verein in der Nähe von Berlin hat gerade erst seine Asphalt-Piste fertiggestellt. 280 Meter ist sie lang und an der engsten Stelle 4 Meter breit. „Unsere Strecke ist so gebaut, dass nationale Veranstaltungen darauf ausgetragen werden können“, berichtet Teamleiter Andreas Liebermann. Wie im Rennsport im Maßstab 1:1 gebe es dafür ein Reglement, das eingehalten werden müsse. „Zwar brauchen wir nicht in dem Sinne Auslaufzonen, aber die Sicherheit der Zuschauer muss gewährleistet sein.“
Rennen mit ferngesteuerten Autos seien echte Teamveranstaltungen, berichtet Liebermann. „Da gibt es den Fahrer und den Boxenhelfer, der immer für das Auto da sein muss.“ Der Fahrer steht in Bernau nördlich von Berlin bei den Speedracern auf einem 2,50 Meter hohen Container - dem Fahrerstand - und kann von dort nicht nur die Asphalt-Strecke überblicken, sondern auf der anderen Seite auch den Offroad-Parcours.
Während die Wettbewerbe überwiegend mit Verbrennern ausgetragen werden, spielen laut dem „Cars & Details“-Redakteur Jan Schnare im Hobbybereich die Elektroautos die größere Rolle. „Bei den Elektroantrieben hat sich, wie bei den echten Autos, in den vergangenen zehn Jahren viel getan.“ Sie seien für Einsteiger auch leichter zu handhaben. Denn ein Verbrennungsmotor müsse richtig eingestellt werden, das erfordere mehr technisches Verständnis.
Und selbst Heiner Martin, der selbst am liebsten seinen Verbrenner im Maßstab 1:8 auf Asphalt bewegt, rät Einsteigern eher zum Elektroauto. „Diese haben inzwischen auch mehr als ein PS und sind wegen der Motorcharakteristik fast genauso schnell wie Verbrenner“, sagt er. Entsprechend seien aber auch die Preise vergleichbar. Martin veranschlagt immerhin 1000 bis 2000 Euro für „gute Fahrzeuge im Einsteigerbereich“. Von „reinem Kinderspielzeug“, also „Autos für 30 Euro aus dem Supermarkt“, rät er leidenschaftlich ab.
Das sieht Redakteur Schnare im Grunde auch so, doch bei den Anforderungen an Einstiegsmodelle und mit Blick auf den Hobby-Markt, sind seine Preisvorstellungen deutlich moderater: „Ein Modell, das den Namen RC Car verdient, das man auch draußen benutzen kann oder auf der Rennstrecke, bekommt man für 200 Euro“, sagt er. Dabei würde es sich zumeist um ein Auto im Maßstab 1:10 mit Elektromotor handeln.