Neue Straßenbeläge verringern Lärm und Abgase
Bonn/Bergisch Gladbach (dpa/tmn) - Zahllose Lieder widmen sich Straßen und Highways. Wenn die aber nicht gerade im Autoradio laufen, verschwendet kaum einer einen Gedanken darauf, worüber er eigentlich rollt.
Dabei sind Fahrbahnbeläge alles andere als einheitsgrau.
Straßen bringen Krach und Abgase mit sich. Und der Verkehr auf ihnen dürfte künftig noch dichter werden. Das bereitet Mensch und Umwelt Probleme. Neuartige Straßenbeläge reduzieren aber Lärm und filtern Schadstoffe. Der Bund unterhält eine eigene Forschungseinrichtung, die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), wo Forscher etwa mit Nanoasphalt experimentieren - für geräuschdämpfende Oberflächen, die obendrein nicht verschmutzen.
Heutzutage bestehen Fahrbahndecken im Wesentlichen aus Asphalt oder Beton. Technisch und wirtschaftlich seien beide Bauweisen gleichwertig, sagt Hans-Georg Stutz, Vorstandsmitglied des Deutschen Straßen- und Tiefbaugewerbes. „Beton hat nur dann eine etwas längere Lebensdauer, wenn die Betonfugen turnusmäßig gewartet werden.“
Beim Asphalt ist wichtig, dass die Straßendecke geschlossen ist, erklärt Bernd Hinrichs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Asphaltverbands (DAV). Dann vertrage Asphalt entgegen mancher Vorurteile auch strengen Frost. Ausbesserungen seien nur ein Problem, wenn bei großer Kälte zum Flicken Kaltasphalt verwendet werde. Der müsse dann im Sommer ersetzt werden, weil einige seiner Bestandteile keine Wärme vertragen - „und dann fliegt der raus, und das Schlagloch ist wieder da“, so Hinrichs.
Geteert wird übrigens schon seit mehr als 30 Jahren nicht mehr, weil Teer umwelt- und gesundheitsschädliche polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthält. Deshalb wurde er zumindest in der Bundesrepublik in den 70er Jahren verboten. Stattdessen hat der Umweltgedanke Einzug in den Straßenbau gehalten: 80 Prozent des bei Straßenerneuerungen ausgefrästen Asphalts werden direkt im neuen Asphalt wiederverwertet, sagt Hinrichs. Vom Rest wird der Großteil als Straßenuntergrund oder in Lärmschutzwällen verbaut.
Auch die Ohren von Anwohnern können mit dem richtigen Straßenbelag geschont werden. Lärmreduzierung durch offenporigen Asphalt, kurz OPA, etwa gebe es auf vielen Autobahnen, sagt DAV-Sprecher Hinrichs. „Straßenlärm entsteht, weil Luft in den Profilrillen der Autoreifen zusammengepresst wird und entweicht“, erklärt der Fachmann. „Ab einem gewissen Tempo ist dieses Geräusch lauter als das der Motoren.“
In Städten hingegen sei der gemeinhin auch Flüsterasphalt - eigentlich ein Markenname - genannte OPA nur bedingt sinnvoll. Er ist weniger kompakt und daher weniger belastbar. Und wenn Autos nur langsam über den offenporigen Asphalt rollen, verstopfen mit der Zeit die für die Lärmreduzierung wichtigen Poren. Im Stadtverkehr sei deshalb ein lärmoptimierter Asphalt (LOA) besser, der erstmals 2007 in Düsseldorf verwendet wurde, so Hinrichs. Der sei kompakter als der OPA - aber noch keine Standardbauweise, weshalb manche Unternehmen wie Kommunen vor dem Einsatz zurückschreckten.
Und die Luftverschmutzung? In Hamburg wird in einem Pilotprojekt seit einem halben Jahr erforscht, wie Straßenbelag mittels einer chemischen Reaktion die Umweltbelastung durch Stickoxide (NOx) aus Autoabgasen senken kann. „Schon bei geringer UV-Intensität, also leichtem Sonnenschein, konnte der Belag mehr als 50 Prozent der künstlich erzeugten NOx-Konzentration in Fahrbahnhöhe aus der Luft entfernen“, berichtet Arndt Lüdeke vom Entwickler Eurovia.
Dirk Heuzeroth, Leiter des Referats Umweltschutz bei der BASt, bestätigt, dass im Labor die Reduktion gut messbar sei. Ob das auch unter realen Bedingungen zutrifft, wird derzeit noch ermittelt. Offenporiger Asphalt könne auch Feinstaub reduzieren. Allerdings zeigten Untersuchungen, dass die Minderung gering sei - „verglichen mit Beschränkungen des Verkehrs“, betont der Experte.
Bei aller Innovation gilt laut Heuzeroth das Hauptaugenmerk weiter den Autofahrern: Wenn ein umweltfreundlicher Straßenbelag Nachteile etwa bei der Griffigkeit habe oder die Verkehrssicherheit anderweitig einschränke, „dann ist das ein K.-o.-Kriterium“.